Fischer: Das australische AR-DRG-System als Beispiel einer ärztlich-ökonomischen Klassifikation.

Z I M - Artikel SGMI 2001, Basel       April 2001
Letzte Änderung: 10.04.2001


Das australische AR-DRG-System
als Beispiel einer
ärztlich-ökonomischen Klassifikation

Wolfram Fischer

Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil SG (Schweiz)
http://www.fischer-zim.ch/


      
Navigation
 î  ZIM-Hauptseite
 î  Navigations-Tabellen
 î  Gesamtverzeichnis
 î  Abkürzungen
Artikel
^ Verzeichnis
<   G-DRG-Projekt und Pflege
>   Pflegeaufwand und DRGs
 
Querverweise
»   Kurz-Info: AR-DRG (Australien)
»   AR-DRG (Australien)
»   ARDRG-Weiterentwicklung 2012
»   AR-DRG-Liste + AU-Kostengewichte
»   Australische AR-DRGs in Deutschland
»   G-DRG (Deutschland)
Querverweise 2
»   «Refined» DRGs
»   DRGs und verwandte PCS
»   DRG-Familie
»   PCS-Buch
 

Inhaltsverzeichnis

 

 

1 Elemente von DRG-Systemen 1

 

2 Beschreibung des australischen AR-DRG-Systems 16

 

2.1 Strukturierung 17

 

2.2 Schweregrad-Indikatoren: CCL und PCCL 31

 

2.3 Teilstationäre Behandlungen 50

 

2.4 Codierungsschema 52

 

3 AR-DRGs als Basis für die deutschen G-DRGs 54

 

4.1 Kurzüberblick HCFA-DRG 57

 

4.2 Kurzüberblick AP-DRG 64

 

4.3 Kurzüberblick IR-DRG 72

 

4.4 Vergleich 76

 

5 Zusammenfassung und Schlussbemerkungen 84

 

6 Literaturverzeichnis 93


|^·<×>·v|

1

Elemente von DRG-Systemen

1

1 Vgl. Fetter et al. [DRGs, 1980]; Fetter et al. [DRGs, 1991]; Iezzoni [Risk Adjustment, 1994]; Fischer [PCS, 1997]; Fischer [DRG+Pflege, 2002].

DRG-Systeme

DRG steht für «Diagnosis Related Groups».1 DRG-Systeme sind ärztlich-ökonomische Patienten­klassifi­kations­systeme. Damit können Behand­lungs­fälle von Akutkrankenhäusern in eine beschränkte An­zahl klinisch definierter Gruppen mit möglichst ähnlichen Behand­lungs­kosten eingeteilt werden.

2

Verwendung von Routinedaten

[Tafel 1] Die Ent­wick­lung von DRG-Systemen begann Ende der 70er Jahre in den USA. Eine der Rahmenbedingungen dabei war die Einschränkung, dass nur routinemässig erhobene Daten verwendet werden durften. Der in den USA bereits damals vorhandene Aus­tritts­daten­satz der Kranken­häuser enthielt an klinischen Daten:

  • Ärztliche Haupt- und Neben­dia­gnosen.
  • Chirurgische und diagnostische Prozeduren.
  • Alter und Ge­schlecht des Patienten.

3

 

Diese Angaben sind seither – zusammen mit dem etwas später noch hinzugenommenen Geburts­gewicht bei Neu­gebo­renen – die wichtigsten Gruppie­rungs­krite­rien in DRG-Systemen geblieben. (Die in der Grafik im Weiteren noch aufgeführte Austrittsart – gemäss oder entgegen dem ärztlichen Rat, Verlegung in ein anderes Krankenhaus, Tod – und die Verweildauer werden in allen DRG-Systemen höchstens zur Definition von nur wenigen DRGs beigezogen.)

4

Tafel 1:
Bildung von DRGs aus den Daten des Austritts­datensatzes

Tafel 1: 
Bildung von DRGs aus den Daten des Austritts­datensatzes

5

 

Quelle: Fischer [Pflege­diagnosen, 1999/2001]: 12.

 
 

DRG-Systeme werden hier ärztlich-ökonomische Patienten­klassifi­kations­systeme genannt, da die Einteilung der Behandlungfälle von ärztlichen Angaben ausgeht und diese mit einer «ökonomischen Brille» in Kosten­gruppen zusammenfasst.

6

2 MDC = Major Diagnostic Category = hierarchisch oberste Gliederungsebene in DRG-Systemen.

3 «Basis-DRGs» entsprechen den DRGs unter Weglassung der Unter­teilungen nach Begleit­erkran­kungen oder Komplikationen und/oder Alters­stufen. In den DRG-Systemen werden diese zu­sammen­gefassten Gruppen auch «Adjacent DRGs» und «Base-DRGs» genannt.

4 Es ist zu beachten, dass in vielen DRG-Systemen nicht alle Basis-DRGs nach Schwere­graden unterteilt sind. In solchen Fällen ist die Basis-DRG mit der DRG identisch.

Vier zentrale Schritte

Die (automatisierte) Zuweisung einer DRG zu einem Behand­lungs­fall beinhaltet vier zentrale Schritte: [Tafel 2]

  1. Die Bestimmung der Haupt­kate­gorie («MDC»2) aufgrund der Haupt­diagnose.
  2. Die Bestimmung der Basis-DRG3 innerhalb der gefundenen Haupt­kate­gorie aufgrund der wichtigsten Prozedur bei chirur­gischen Patienten bzw. aufgrund der Haupt­diagnose bei medizi­nischen Patienten.
  3. Die Bestimmung des «Schwere­grades» aufgrund der Neben­dia­gnosen (unter Berück­sichtigung der Haupt­diagnose oder der Basis­fall­gruppe).
  4. Die Bestimmung der DRG aufgrund der Kom­bina­tion von Basis-DRG, Schwere­grad und (evtl.) Alterstufe.4

7

Tafel 2:
DRG-Bestimmung

Tafel 2: DRG-Bestimmung

8

 

Quelle: Z I M.

9

DRGs in Ver­gütungs­systemen

Wenn DRGs in Ver­gütungs­systemen für Akutkrankenhäuser eingesetzt werden, braucht es nebst der DRG – mit Code und Bezeich­nung – auch landes­spezifische Kennzahlen und Preise. [Tafeln 3 und 4]

10

Tafel 3:
ARDRG-Beispiel

Tafel 3: 
ARDRG-Beispiel

11

 

Quelle: Z I M.

 

Tafel 4:
Elemente von DRG-Pauschalen

Element Bezeich­nung in ameri­ka­nischen DRG-Systemen
Produkte­beschrei­bung Patientengruppe DRG
Behand­lungs­einheit case, stay (Australisch: separation)
Kennzahlen Kosten­gewicht CW: cost weight
Durchschnittliche Verweildauer ALOS: average length of stay
Grenzwerte:
  • unten, oben
  • Verweildauern, Kosten
trim points
Preise Basispreis base rate
Fall­pauschale DRG rate,
DRG price,
flat rate
prospective payment rate
Zu- und Abschläge adjustments

12

Produkte­beschrei­bung

  • Als Patientengruppen werden in DRG-Systemen die einzelnen DRGs verwendet. Sie sind über die Bezeich­nung und die zugehörigen Diagnose- und (meist chirur­gischen) Proze­duren­codes definiert. – Eine detailliertere Charak­teri­sie­rung der zu erbringenden Leistungen fehlt.
  • Als Behand­lungs­einheit ist der stationäre Fall definiert. Er umfasst den Zeitraum vom Eintritt bis zum Austritt des Patienten. Meist ist er auf der Ebene des Krankenhauses, manchmal auch auf der Ebene der Kranken­haus­abteilung definiert. – Unklarheiten und daraus folgende Probleme ergeben sich bei dieser Definition haupt­sächlich bei externen und z. T. auch bei internen Verlegungen.

13

5 In Australien werden z. B. zusätzlich zu den nationalen Kosten­gewichten für jedes Bundesland eigene Kosten­gewichte berechnet.

Kennzahlen

  • Die wichtigste Kennzahl ist das «Kosten­gewicht». Es widerspiegelt die durch­schnitt­lichen Behand­lungs­kosten der Fälle aus der zugehörigen DRG. Es wird meist als relativer Punktewert angegeben. – Je nach Vereinbarung gelten Kosten­gewichte für eine ganze Nation oder nur für eine Region.5
  • Weitere Kennzahlen sind durch­schnitt­liche Verweildauern sowie Grenzwerte für Verweildauern und Kosten. – Fälle, die ausserhalb der (unteren oder oberen) Grenzwerte liegen, gelten als «Ausreisser» und werden gewöhnlich nach speziellen Regelungen entschädigt.

14

6 Der Basispreis wird auch «Basisfallwert» genannt. In Amerika wird dafür der Begriff «base rate» verwendet.

Preise

  • Der wichtigste Preis ist der «Basispreis».6 Der Basispreis gilt für alle DRGs gleichermassen. Er bezieht sich auf das Kosten­gewicht 1.0.
  • Wenn der Basispreis mit dem Kosten­gewicht einer DRG multipliziert wird, erhält man die Fall­pauschale zu dieser DRG.
  • Nebst der Fall­pauschale können noch Zu- und Abschläge auf den Fall­pauschalen oder un­abhän­gig davon vergütet werden. Zuschläge können z. B. für Lang­lieger oder bei Mehrfach­behand­lungen, aber auch für Bettenvorhaltung oder für Lehre und Forschung gemacht werden. Abschläge können z. B. für Kurz­lieger oder bei Überschreitung von vertraglich festgelegten Mengen vereinbart werden.

15

|^·<×>·v|

2

Beschreibung des australischen AR-DRG-Systems

16

|^·<×>·v|

2.1

Strukturierung

17

Das australische ARDRG-System

Das System der «Australian Refined Diagnosis Related Groups» (AR-DRG) entstand 1998 als Nachfolger des ANDRG-Systems («Australian National Diagnosis Related Groups»). Mit diesem Schritt verselbständigte sich die bisher stark an den ameri­ka­nischen Vorbildern ausgerichtete DRG-Ent­wick­lung in Australien.

18

Codie­rungs­systeme

Zur AR-DRG-Zuteilung werden in Australien folgende Codie­rungs­systeme verwendet:

19

Tafel 5:
Codierungssysteme im ARDRG-System

  AR-DRG 4.1
Diagnosen ICD-10-AM/1
Prozeduren ICD-10-AM/3

20

7 Commonwealth of Australia [AR-DRG-4.1-Vol.2, 1998]: 3.

 

Die ICD-10-AM-Diagnose­codes basieren auf ICD-10.

Die ICD-10-AM-Proze­duren­codes basieren auf einer Klassi­fi­kation mit dem Namen «Medicare Benefits Schedule» (MBS).7

21

8 Für ca. die Hälfte aller 409 Basis-AR-DRGs sind keine CC-Kategorien definiert. Die übrigen Basis-AR-DRG sind nach 2 bis 4 CC-Kategorien verfeinert worden. (Vgl. Tafel 8.)

An­zahl Behand­lungs­fall­gruppen

Im ARDRG-System gab es in der vierten Version 4, welche für die Jahre 1997/98 bis 2000/01 galt, 661 Behand­lungs­fall­gruppen. In der Version 5 ab 2001/02 sind 665 DRGs definiert. Diese Zahlen konnten so klein gehalten werden, weil die Ver­feine­rungen nach ökonomischem Schwere­grad von DRG zu DRG unter­schied­lich differenziert wurden.8

22

Tafel 6:
ARDRG-Beispiele (Version 4) mit australischen Kennzahlen

23

ARDRG-Nr. Basis-AR-DRG CC-Kategorie Nationale Kosten­gewichte 1997/98 (öffent­liche Kranken­häuser) Nationale Kosten­gewichte 1997/98 (private Kranken­häuser) ø Tage öffentl. KH ø Tage private KH
G07A Append­ektomie mit schwer­wiegender oder sehr schwer­wiegender Begleit­erkran­kung oder Komplikation 1.87 1.67 6.40 6.43
G07B   ohne schwer­wiegende oder sehr schwer­wiegende Begleit­erkran­kung oder Komplikation 1.04 1.00 3.09 3.05
G09Z Inguinal- und Fermoral­hernien­eingriffe Alter über 0 0.83 0.87 2.05 2.34
G10Z Hernieneingriffe Alter unter 1 0.69 0.76 1.47 1.01
E66A Grosses Thoraxtrauma (bei konservativer Behand­lung) Alter über 69 mit CC 2.00 2.03 9.07 10.85
E66B   (Alter unter 70 mit CC) oder (Alter über 69 ohne CC) 1.25 1.77 4.81 9.00
E66C   Alter unter 70 ohne CC 0.75 0.92 2.60 4.28
O60A Vaginale Geburt mit mehre­ren komplizierten Diagnosen, davon mindestens 1 sehr komplizierte Diagnose 1.51 1.77 6.14 7.93
O60B   mit sehr komplizierter Diagnose 1.16 1.52 4.42 6.26
O60C   mit komplizierter Diagnose 1.10 1.40 4.02 5.77
O60D   ohne komplizierte Diagnose 0.90 1.24 3.15 5.05
Z64A Andere Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen älter als 79 Jahre 1.62 1.53 12.82 12.69
Z64B   jünger als 80 Jahre 0.56 0.87 3.52 6.08
 
 

Quellen: Öffentliche KH: http:// www.health.gov.au / casemix / costing / graph_table / cn_v40.xls
Private KH: http:// www.health.gov.au / casemix / costing / graph_table / cn_v40pr.xls

24

9 In anderen DRG-Systemen dienen die Sub-MDCs nur zur Trennung der chirur­gischen von den medizi­nischen Fällen.

Hierarchische Gliederung

Das ARDRG-System ist – wie andere DRG-Systeme – auf der obersten Ebene nach Haupt­kate­gorien («MDCs») gegliedert. Diese wiederum sind aufgeteilt in operative, medizi­nische und andere Unterkategorien («Sub-MDCs»). Die Sub-MDC «andere» ist eine im ARDRG-System neu eingeführte Unterkategorie.9 Hier werden DRGs eingeordnet, welche aufgrund von Prozeduren erzeugt werden, die keinen Operationssaal benötigen. Dazu gehören u. a. gewisse diagnostische Prozeduren. [Tafel 7]

25

10 Im Unterschied dazu wurden die Basis-DRGs im APDRG-System und in einigen anderen DRG-Systemen nicht benannt.

11 «CC» = Comorbidity or Complication = Begleit­erkran­kung oder Komplikation.

 

Auf der nächsten Gliederungsebene folgen die (benannten!10) Basis-AR-DRGs. Zu einer Basis-AR-DRG gibt es maximal 4 Ressourcen-Intensitäts-Kategorien («CC-Kategorien»11). Das letzte Zeichen in der DRG-Nummer ist dann ein Buchstabe zwischen «A» und «D». Basis-AR-DRGs, welche nicht unterteilt sind, erhalten als letztes Zeichen ein «Z». (Aus Tafel 8 ist ersichtlich, wieviele ARDRGs es pro CC-Kategorie gibt.)

26

Tafel 7:
Hierarchische Struktur des ARDRG-Systems

Tafel 7: 
Hierarchische Struktur des ARDRG-Systems

27

 

Quelle: Fischer [SL/AR-DRG, 2000].

 
 

Legende zu Tafel 7:
AR-DRGAustralian Refined Diagnosis Related Groups
CCBegleiterkrankung oder Komplikation («Comorbidity or Complication»)
MDCHauptkategorie («Major Diagnostic Category»)
PCCLKlinische Fallkomplexität («Patient Clinical Complexity Level»)

28

Tafel 8:
An­zahl AR-DRGs nach Haupt­kate­gorien und CC-Kategorien (Version 4)

29

Code MDC Bezeichung A B C D Z SUMME In %
9 . Nicht klassi­fizier­bar 7 7 1.1
A PRE Ausnahmefälle 8 8 1.2
B 01 Nervensystem 15 15 3 1 16 50 7.6
C 02 Augen 2 2 16 20 3.0
D 03 Ohren, Nase, Mund, Hals 5 5 17 27 4.1
E 04 Atmungsorgane 14 14 8 5 41 6.2
F 05 Kreislaufsystem 21 21 3 19 64 9.7
G 06 Ver­dauungs­system 20 20 3 9 52 7.9
H 07 Leber, Galle, Pankreas 12 12 4 2 30 4.5
I 08 Skelett, Muskeln, Bindegewebe 22 22 12 23 79 12.0
J 09 Haut, Unterhaut-Zellgewebe, Mamma 12 12 1 7 32 4.8
K 10 Drüsen-, Ernährungs- und Stoffwechsel-Krankheiten 3 3 1 12 19 2.9
L 11 Nieren und Harnwege 13 13 4 7 37 5.6
M 12 Männliche Ge­schlechts­orga­ne 7 7 5 19 2.9
N 13 Weibliche Ge­schlechts­orga­ne 6 6 8 20 3.0
O 14 Schwangerschaft, Entbindung, Wochenbett 3 3 2 2 8 18 2.7
P 15 Affektionen von Neu­gebo­renen und Feten 5 5 3 3 9 25 3.8
Q 16 Blut, blutbildende Organe, immunologische Störungen 4 4 1 1 10 1.5
R 17 Neubildungen (hämatologische und "solide" Neubildungen) 7 7 2 2 18 2.7
S 18 /S Infektiöse und parasitäre Erkrankungen [HIV] 2 2 3 7 1.1
T 18 /T Infektiöse und parasitäre Erkrankungen 6 6 1 13 2.0
U 19 Psyche 3 3 7 13 2.0
V 20 Alkohol- und Drogenmissbrauch und dadurch verursachte organische Psychosen 2 2 3 7 1.1
W 21 /W Verletzungen; Vergiftungen; toxische Wirkungen durch Arzneimittel [Polytrauma] 6 6 0.9
X 21 /X Verletzungen; Vergiftungen; toxische Wirkungen durch Arzneimittel 6 6 1 5 18 2.7
Y 22 Verbrennungen 2 2 4 8 1.2
Z 23 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, und andere Kontakte mit der medizi­nischen Versorgung 4 4 1 4 13 2.0
SUMME     196 196 50 6 213 661 100.0
In %     29.7 29.7 7.6 0.9 32.2 100.0
 
 

Legende zu den CC-Kategorien in Tafel 8:
Aschwerste CC-Kategorie (innerhalb einer Basis-AR-DRG)
BCC-Kategorie B
CCC-Kategorie C
Dleichteste CC-Kategorie
Zkeine CC-Unter­teilung

30

 

 

 

|^·<×>·v|

2.2

Schweregrad-Indikatoren: CCL und PCCL

31

12 Bei den meisten anderen DRG-Systemen ist es üblich, nur die schwerwiegendste Begleit­erkran­kung oder Komplikation zu gewichten.

Überblick CCL und PCCL

Im ARDRG-System wird jede Neben­dia­gnose nach ihrer Ressourcenintensität gewichtet.12 Dies ergibt den sogenannten «Complication and Comorbidity Level» (CCL), der mittels einer 5-stufigen Skala beschrieben wird. Alle CCLs werden aggregiert zu einem Gesamt­schwere­grad namens «Patient Clinical Complexity Level» (PCCL). Daraus wird schlussendlich eine Schwere­grad-Kategorie bestimmt, sofern die zum Fall ermittelte Basis-AR-DRG nach Schwere­graden unterteilt ist. (Pro Basis-AR-DRG sind maximal 4 solcher «CC-Kategorien» definiert.)

32

13 Vgl. Commonwealth of Australia [AR-DRG-4.1-Vol.3, 1998]: 215.

2 CC-Listen

Im ARDRG-System, Version 4.1, gibt es 3100 Diagnose­codes auf der CC-Liste für Neu­gebo­rene und 2802 Diagnose­codes auf der CC-Liste für andere Patienten.13

33

CCLs

Jeder Diagnose auf der CC-Liste sind ein oder mehre­re Schwere­grade «CCL» («Complication and Comorbidity Level») zugeordnet. Dazu wurde für Diagnosen bei medizi­nischen Fällen eine Skala von 0 bis 3 verwendet, für Diagnosen bei chirur­gischen Fällen und bei Neu­gebo­renen eine solche von 0 bis 4. [Tafel 9]

34

Tafel 9:
CCL-Werte

CCL Bedeutung
CCL = 0 Keine Begleit­erkran­kung oder Komplikation
CCL = 1 Leichte Begleit­erkran­kung oder Komplikation
CCL = 2 Mittlere Begleit­erkran­kung oder Komplikation
CCL = 3 Schwerwiegende Begleit­erkran­kung oder Komplikation
CCL = 4 Sehr schwer­wiegende Begleit­erkran­kung oder Komplikation («catastrophic»)

35

14 ARDRG-Original­datei­namen: ccrow.txt.

15 ARDRG-Original­datei­namen: adrgcol.txt.

CCL-Matrix

Die CCL-Werte wurden den Diagnosen in Abhän­gig­keit von der Basis-AR-DRG, des Geschlechts und der Entlassungsart zugeordnet. Zu jeder Diagnose aus der CC-Liste gibt es also prinzipiell mindestens soviele CCL-Werte wie Basis-AR-DRGs definiert sind, d. h. über 400. Die Tabelle zum Nachschlagen der CCL-Werte – die «CCL-Matrix» – konnte auf 102 Zeilen und 98 Spalten begrenzt werden, indem zwei Hilfstabellen mit Zusammen­fassungen gleichwertiger Einträge erstellt wurden: «CC-Zeilen»14 für 2808 Kom­bina­tionen von CC-Diagnosen, Ge­schlecht und Entlassungsart (bei 2802 vorhandenen CCs) und «ADRG-Spalten»15 für die 409 Basis-AR-DRGs. [Tafel 10]

36

 

Ein Beispiel: Die Diagnose J96.0 «akute respiratorische Insuffizienz» hat einen CCL-Wert von 2, falls sie zusammen mit der Basis-AR-DRG «B70» «Schlaganfall» auftritt. Die gleiche Diagnose hat einen CCL-Wert von 3, falls sie zusammen mit der Basis-AR-DRG «B71» «Störungen kranialer und peripherer Nerven» auftritt.

37

 

Der CC-Status einer Diagnose kann auch vom Ge­schlecht abhängig sein (z. B. gilt C79.6 «sekundäre bösartige Neubildung des Ovars» nur für Frauen) oder von der Austrittsart (z. B. gilt F10.0 «akute Alkoholvergiftung» nur als Begleit­erkran­kung oder Komplikation, wenn der Patient das Krankenhaus nicht gegen ärztlichen Rat entlassen hat).

38

Tafel 10:
CCL-Matrix

Tafel 10: 
CCL-Matrix

39

 

Quelle: Z I M.

 
 

Legende zu Tafel 10:
In der Grafik ist dargestellt, dass u. a. die Diagnosen B26.0 (bei Männern) und B37.4 (bei Männern und Frauen) zur CCL-Zeile 73 führen. Wenn diese Diagnosen u. a. zusammen mit den Basis-AR-DRGs A06, A40 oder A41 auftreten, dann gilt CCL = 2.
CCLRessourcen-Intensität («Complication and Comorbidity Level»).
M/FGe­schlecht (163 Einträge).
NonAMANicht gegen ärztlichen Rat entlassen. (95 Einträge: für alle Diagnosen zwischen F10 und F19, d. h. für psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Drogen und andere psychotrope Substanzen)
ZeileZeilennummer in CCL-Matrix.
ADRGBasis-AR-DRG.
SpalteSpaltennummer in CCL-Matrix.

40

CCLs für Neu­gebo­rene

Bei den Neu­gebo­renen sind CCL-Werte den Neben­dia­gnosen direkt, d. h. ohne weitere Abhän­gig­keiten von Basis-AR-DRG usw., zugeordnet.

41

PCCL

Zur Bestimmung der CC-Stufe eines Behandlungsfalles wird der PCCL («Patient Clinical Complexity Level») aufgrund der CCL-Werte aller Diagnosen berechnet.

42

 

Die Neben­dia­gnosen werden dazu in abnehmender Reihenfolge ihres CCL-Wertes sortiert. Um Doppelgewichtungen zu eliminieren, werden anschliessend ähnliche Neben­dia­gnosen ausgesondert, indem das Gruppie­rungs­programm jede Neben­dia­gnose der Reihe nach einmal als Haupt­diagnose setzt und bestimmt, welche CCL-Werte in der Folge nicht mehr gültig sind.

43

 

Ein Diagnose­code verliert seinen CC-Status in folgenden Fällen:

  • Er ist der Haupt­diagnose sehr ähnlich. (Das heisst, letztere ist auf der CC-Ausnahme-Liste aufgeführt.)
  • Er wurde bereits in der Definition der Basis-AR-DRG verwendet.
  • Es handelt sich um einen Polytrauma- oder HIV-Fall.
  • Er ist ein Duplikat eines bereits verarbeiteten Diagnose­codes.

44

16 Die Formel lautet: ln{1+SUMME(CCLi*exp[-a*(i-k)])} / [ln(3/a)/4], wobei CCLi der CCL-Wert der i-ten Neben­dia­gnose ist, k eine Konstante, die für Neu­gebo­rene auf 2, für die übrigen Fälle auf 1 gesetzt worden ist, und a ein Parameter, dessen Wert momentan 0.4 beträgt. i beginnt bei k. Das Resultat wird gerundet. Werte über 4 werden auf 4 gesetzt. Aus: Commonwealth of Australia [AR-DRG-4.1-Vol.3, 1998]: 219.

 

Die aus dieser Verarbeitung resultierende CC-Stufe eines Patienten (PCCL) wird mittels einer speziell entwickelten, nicht unmittelbar nachvollziehbaren Formel bestimmt. Diese gewichtet im Prinzip alle verbleibenden CCLs aufgrund ihrer Reihenfolge mit einem abnehmenden Faktor und summiert sie anschliessend. (Vgl. Tafel 11.)16

45

Tafel 11:
CCL-Kom­bina­tionen und daraus resultierende PCCL

Severity Category CCL(Dg1) CCL(Dg2) CCL(Dg3) CCL(Dg4) CCL(Dg5) CCL(Dg6)
PCCL = 4   (CCC) 4 3
  4 2
  4 1 1
  3 3
  3 2 2
  3 2 1 1
  2 2 2 2
  2 2 2 1 1 1
PCCL = 3   (SCC) 4
  4 1
  3
  3 2
  3 2 1
  2 2
  2 2 2
  2 1
  1 1 1 1
PCCL = 2   (CC) 2
  1 1
PCCL = 1   (–) 1
PCCL = 0   (–)

46

 

Quelle: Commonwealth of Australia [AR-DRG-4.1-Vol.3, 1998]: 219.

47

 

Legende zu Tafel 11:
CCComorbidity or Complication
CCCCatastrophic Comorbidity or Complication
CCLComplication and Comorbidity Level
CCL(Dg1)CCL für die erste Diagnose
PCCLPatient Clinical Complexity Level
SCCSevere Comorbidity or Complication

48

Problemliste für Neu­gebo­rene

Bei der PCCL-Bestimmung von Neu­gebo­renen werden alle Diagnosen – inkl. der Haupt­diagnose – aufgrund ihres CCL-Wertes sortiert. Die CC-Kategorie bei Neu­gebo­renen wird aber nicht aufgrund des PCCL-Wertes, sondern aufgrund einer Liste schwer­wiegender Probleme bestimmt.

49

 

 

 

|^·<×>·v|

2.3

Teilstationäre Behandlungen

50

Ein-Tages-Fälle

Im ARDRG-System wird die Variable «Ist ein Ein-Tages-Fall» bei der Gruppierung verwendet. Es wurden aber nur knapp ein Dutzend Behand­lungs­fall­gruppen aufgrund dieses Kriteriums aufgeteilt.

51

 

 

 

|^·<×>·v|

2.4

Codierungsschema

52

Nummerierung

Im ARDRG-System wurde ein erweiterbares Numme­rie­rungs­system eingeführt:

  • Das erste Zeichen steht für die Hauptgruppe (MDC): Codes A-Z, und 9 (für nicht klassierbare Behand­lungs­fälle).
  • Die nächsten zwei Zeichen stehen für die Basis-AR-DRG («Adjacent DRG»). Daraus kann auch abgelesen werden, in welcher Sub-MDC sich eine AR-DRG befindet. – Die Codes 01-39 bezeichnen chirur­gische ARDRGs. Die Nummern 40-59 werden für ARDRGs von Fällen mit nicht operativen Prozeduren verwendet (z. B. für Endoskopien an Verdauungsorganen). Unter den Codes 60-99 sind die medizi­nischen ARDRGs zu finden.
  • Mit dem vierten Zeichen werden die Ver­feine­rungen nach CC und/oder Alter bezeichnet. Die Codes «A» bis «D» stehen für die Rangfolge bezüglich der Ressourcenintensität. «Z» wurde verwendet, wenn die Basis-AR-DRG nicht weiter unterteilt wurde.

53

|^·<×>·v|

3

AR-DRGs als Basis für die deutschen G-DRGs

54

AR-DRGs für Deutschland

In Deutschland hatte die sogenannte Selbst­verwal­tung (bestehend aus den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kranken­häuser) Ende Juni 2000 den Entscheid gefällt, das australische ARDRG-System als Grundlage für ein deutsches DRG-System zu benutzen. Ab dem Jahre 2003 wird die Vergütung für stationäre Krankenhausfälle schrittweise auf das neue GDRG-System umgestellt.

55

17 Ursprünglich war ge­plant, das ARDRG-System bis zum 30.11.2000 zu übersetzen; neu bis zum Mai 2001.

GDRG-Implementation

Die Anpassung des australischen ARDRG-Systems zum deutschen GDRG-System wird voraussichtlich in folgenden Hauptetappen in Deutschland durchgeführt werden:

  1. Übersetzung des ARDRG-Systems 4.1 mit 661 ARDRGs.17
  2. Bildung von deutschen CC-Kategorien mit dem Ziel der Bildung von maximal 800 GDRGs.
  3. Bildung von deutschen Basis-GDRGs durch Überarbeitung der australischen Basis-AR-DRGs.

56

|^·<×>·v|

4.1

Kurzüberblick HCFA-DRG

57

HCFA-DRG

Das HCFA-DRG-System ist das erste DRG-System, das in grossem Umfang eingesetzt wurde: Seit 1983 wurde es von der ameri­ka­nischen Seniorenversicherung Medicare als Basis für die fallbezogene Vergütung der Krankenhaus-Leistungen verwendet (normalerweise exkl. Belegarzthonorare).

58

 

Das HCFA-DRG entstand anfangs der achziger Jahre aufgrund eines Forschungsprojektes an der Universität von Yale. Es wurde früher von der ameri­ka­nischen «Health Care Financing Administration» (HCFA), heute von den «Centers for Medicare and Medicaid Services» (CMS) verwaltet und in deren Auftrag von der Firma 3M gewartet.

59

 

Im HCFA-DRG-System der Version 17.0 sind 499 Behand­lungs­fall­gruppen definiert. Die Schwere­grad­einteilung ist 2-stufig.

60

Tafel 12:
Hierarchiestufen HCFA-DRG

Tafel 12: Hierarchiestufen HCFA-DRG

61

 

Quelle: Fischer [DRGs im Vergleich, 1999]: 41.

62

 

Legende zu Tafel 12:
Im HCFA-DRG-System wurden die Basis-HCFA-DRGs nicht benannt; deswegen wurde deren Bezeich­nung im ent­spre­chenden Feld in eckige Klammern gesetzt.

63

 

 

 

|^·<×>·v|

4.2

Kurzüberblick AP-DRG

64

18 Fälle der höchsten Schweregradstufe = Fälle «mit MCC» = Fälle mit schwer­wiegenden Begleit­erkran­kungen oder Komplikationen.

APDRG

Im APDRG-System («All Patient Diagnosis Related Groups») der Firma 3M sind insgesamt 641 Behand­lungs­fall­gruppen definiert. Der Schwere­grad wird anhand der schwerwiegendsten Neben­dia­gnose bestimmt. Die Schwere­grad­einteilung ist dreistufig. Fälle der höchsten Schweregradstufe18 sind auf der Ebene der Haupt­kate­gorien in Sammel-DRGs zu­sammen­gefasst worden. [Tafel 13]

65

 

Die Ent­wick­lung des APDRG-Systems begann 1987 als Antwort auf gewisse Mängel im HCFA-DRG-System, welches 4 Jahre zuvor von der Seniorenversicherung Medicare zur fallpauschalen Vergütung von Krankenhausbehandlungen eingeführt wurde. Neu­gebo­rene und Kinder wurden nun differenzierter abgebildet, und es wurden neue Haupt­kate­gorien für HIV-Patienten und für Fälle mit Polytrauma eingeführt. Die Schwere­grad­einteilung wurde von 2 CC-Stufen auf 3 CC-Stufen erweitert («ohne CC», «mit CC», «mit MCC»).

66

APDRG in Deutschland

Die 12. Version des APDRG-Systems wurde in Deutschland in einer grösseren An­zahl von Kranken­häusern seit ca. 1997 getestet und für Benchmarks verwendet.

67

19 Vgl. dazu die Informationen der privat organisierten Gruppe «APDRG Schweiz» unter http:// www.apdrgsuisse.ch /.

APDRG in der Schweiz

In der Schweiz wird ebenfalls die APDRG-Version 12.0 seit ca. 1997 zu Testzwecken benutzt.19 Das System soll im Kanton Zürich ab 2000 und möglicherweise auch in den Kantonen Waadt und Wallis ab 2002 zur Vergütung des Staatsanteils von öffentlichen Kranken­häusern eingesetzt werden.

68

20 Vgl. dazu Roger France [CM in Europe, 2001] und auch die in http:// www.fischer-zim.ch / notizen / DRG-Nutzung-2001--0304.htm zitierte Literatur.

21 In Belgien wurde das APDRG-System abgelöst durch das APR-DRG-System.

22 In Wales hat man das APDRG-System aus praktischen Gründen durch das englische HRG-System ersetzt.

APDRG in weiteren Ländern Europas

Das APDRG-System wird auch in einigen weiteren Ländern Europas eingesetzt,20 u. a. in Belgien (bis 1999),21 in Wales (bis 1999)22 und in Tschechien.

69

Tafel 13:
Hierarchiestufen im APDRG-System

Tafel 13: 
Hierarchiestufen im APDRG-System

70

 

Quelle: Fischer [DRGs im Vergleich, 1999]: 42.

 
 

Legende zu Tafel 13:
Im AP-DRG-System wurden die Basis-AP-DRGs nicht benannt; deswegen wurde deren Bezeich­nung im ent­spre­chenden Feld in eckige Klammern gesetzt. – Da es Sammel-AP-DRGs «mit MCC» gibt, macht es auch wenig Sinn, mit Basis-AP-DRGs zu arbeiten.

71

 

 

 

|^·<×>·v|

4.3

Kurzüberblick IR-DRG

72

IR-DRG

Das IRDRG-System («International Refined Diagnosis Related Groups») der Firma 3M wurde 1999 unter dem Namen IAP-DRG be­kannt gemacht. Es setzt auf einer modifizierten Liste der Basis­fall­gruppen des APR-DRG-Systems auf. Auf der Basis der CC- und MCC-Listen des APDRG-Systems sind durchgehend 3 CC-Kategorien pro Basis-IR-DRG definiert. [Tafel 14] Insgesamt gibt es 992 IRDRGs.

73

 

Das IRDRG-System wird noch nicht in grösserem Umfang eingesetzt.

74

Tafel 14:
Hierarchiestufen IR-DRG Version 1

Tafel 14: 
Hierarchiestufen IR-DRG Version 1

75

 

Quelle: Fischer [DRG-Systeme, 2000]: 84.

 
 

 

 

|^·<×>·v|

4.4

Vergleich

76

Umfang

In den Systemen AR-DRG und AP-DRG wurden die stationären Krankenhausfälle in etwa gleichviele Behand­lungs­fall­gruppen unterteilt (661 bzw. 641). Auch wurden die gleichen Haupt­kate­gorien (mit unter­schied­licher Nummerierung) verwendet. Im IRDRG-System sind weniger Basis­fall­gruppen definiert. Infolge der durchgehenden Verwendung von drei CC-Kategorien ist jedoch die An­zahl Behand­lungs­fall­gruppen mit 992 IRDRGs höher als in den anderen beiden Systemen. Am wenigsten Behand­lungs­fall­gruppen sind im HCFA-DRG-System definiert, nämlich nur 499. [Tafel 15]

77

Tafel 15:
An­zahl der Gruppen und Stufen

  AR-DRG 4.1 AP-DRG 12.0 IR-DRG 2000 HCFA-DRG 17.0
An­zahl Haupt­kate­gorien 23/25+2 25+2 25+2 25+2
An­zahl Basis­fall­gruppen 409 (424) 330 (350)
An­zahl CC-Kategorien (4) (3) 3 (2)
An­zahl Alters­stufen (div.) (2) (?) (2)
An­zahl Behand­lungs­fall­gruppen 661 641 992 499

78

 

Quelle: Fischer [DRG-Systeme, 2000]: 131.

79

 

Legende zu Tafel 15:
Unter der «An­zahl Haupt­kate­gorien» wurde nebst der An­zahl der eigentlichen Haupt­kate­gorien zusätzlich die An­zahl von «Hilfs-Haupt­kate­gorien» aufgeführt, welche ausserhalb der zentralen Hierarchie stehen. Dazu gehört bei den DRG-Systemen die sogenannte «Pre-MDC», welche Fall­gruppen enthält, die direkt einer Behand­lungs­fall­gruppe zugeordnet werden (unter Umgehung der standardmässigen Zuweisung einer Haupt­kate­gorie aufgrund der Haupt­diagnose). Eine weitere zusätzliche Haupt­kate­gorie enthält gewöhnlich die Behand­lungs­fall­gruppen mit fehlerhaften oder unklaren Codierungen. –
In Klammern gesetzte Zahlen weisen darauf hin, dass im betreffenden System Basis­fall­gruppen nicht als solche definiert sind bzw. dass die CC- oder Alters-Stufung nicht durchgehend verwendet wurde.

80

 

Die wichtigsten Unterschiede zwischen diesen Systemen sind in Tafel 16 aufgelistet.

81

Tafel 16:
Die wichtigsten Unterschiede zwischen ARDRG-4.1, APDRG-12.0, IRDRG-2000 (Entwurfsversion) und HCFA-DRG-17.0

82

  AR-DRG AP-DRG IR-DRG HCFA-DRG APDRG
Berück­sichtigung der Neben­dia­gnosen Die CCL-Werte aller Neben­dia­gnosen fliessen in die PCCL-Berechnung ein. Die Neben­dia­gnose mit der höchsten CC/MCC-Stufe ist allein massgeblich für die CC/MCC-Einstufung. Die Neben­dia­gnose mit der höchsten CC-Stufe ist allein massgeblich für die CC-Einstufung.  
CC-Stufen 5 PCCL-Stufen 3 2  
CC-Kategorien Maximal 4:
«A» bis «D» oder «Z»
Maximal 3:
«ohne CC», «mit CC» oder «mit MCC»
Durchgehend 3:
«ohne CC», «mit CC» oder «mit MCC»
Maximal 2:
«ohne CC» oder «mit CC»
 
CC-Listen CCL-Matrix
(Der CCL-Wert je Neben­dia­gnose ist abhängig von der Basis-AR-DRG und vereinzelt von weiteren Variablen.)
1 CC-Liste
1 CC-Ausschlussliste
1 MCC-Liste
1 MCC-Ausschlussliste
1 CC-Liste
1 CC-Ausschlussliste
 
CC-Einteilung 213-mal keine,
146-mal 2,
  44-mal 3,
    6-mal 4 CC-Kategorien
pro Basis-AR-DRG
325 APDRGs ohne,
128 APDRGs mit CC-Unter­teilung;
60 Sammel-APDRGs «mit MCC»
330 IRDRGs mit je 3 CC-Stufen;
2 Fehlergruppen ohne CC-Einteilung
265 HCFA-DRGs ohne,
117 HCFA-DRGs mit CC-Unter­teilung;
 
Pädiatrische DRGs zusätzlich zu MDC 15 (Neu­gebo­rene) 34 ARDRGs mit Alters­split bei 18 Jahren oder darunter   Keine 119 HCFA-DRGs mit Alters­split bei 18 Jahren oder darunter 134 APDRGs mit Alters­split bei 18 Jahren oder darunter
DRGs für Rentner 87 ARDRGs mit Alters­split bei 60 Jahren oder darüber Keine  
Separate Gruppen für ambu­lante Behand­lungen 10 ARDRGs Keine  
 
 

Quelle: Z I M.

83

|^·<×>·v|

5

Zusammenfassung und Schlussbemerkungen

84

 

Zusammengefasst sind folgende Besonderheiten des AR-DRG-Systems erwähnenswert:

85

 

  • In den meisten DRG-Systemen werden die DRG-Haupt­kate­gorien nach chirur­gischen und medizi­nischen DRGs unterteilt. Im ARDRG-System wurde eine zusätzliche Unter­teilung für die nicht-chirur­gischen Prozeduren geschaffen.
  • Jede Neben­dia­gnose wird nach ihrer Ressourcenintensität gewichtet (und nicht nur die schwerwiegendste wie bei den meisten anderen DRG-Systemen). Es wird eine Skala mit fünf CC-Stufen verwendet. Aufgrund eines daraus errechneten Gesamt­schwere­grades namens «PCCL» («Patient Clinical Complexity Level») wird die Schwere­grad-Kategorie des Falles bestimmt.
  • Für jede als Neben­dia­gnose auftretende Diagnose können bis zu fünf unter­schied­liche Schwere­grade definiert werden. Dies kann in Abhän­gig­keit von der Basis-AR-DRG des Behandlungsfalles, des Geschlechts und der Entlassungsart geschehen. In der australischen Praxis wurde dabei grundsätzlich zwischen chirur­gischen und medizi­nischen Fällen unterschieden, und es sind 2 bis 3, zum Teil auch 4 Schwere­grade zu jeder Diagnose, welche in die Liste der signifikanten Neben­dia­gnosen aufgenommen worden ist, definiert worden.
  • Nicht alle der 409 Basis-AR-DRGs der vierten Version sind nach Schwere­grad-Kategorien unterteilt. Damit konnte die An­zahl Behand­lungs­fall­gruppen mit insgesamt 661 ARDRGs klein gehalten werden.
  • Die Nummerierung der ARDRGs folgt der Hierarchie des Systems (was bei DRG-Systemen bislang unüblich war).

86

23 Vgl. Fischer [DRG-Systeme, 2000]: 134 ff; Fischer [DRG+Pflege, 2002]: 57 ff + 159 ff.

Homogenität

Die Kennzahlen zur Homogenität des ARDRG-Systems bei dessen Anwendung in Australien zeigen vor der Bereinigung von Ausreissern kaum bessere Werte als andere DRG-Systeme. [Tafel 17] Die Streuungen innerhalb vieler ARDRGs sind nach wie vor recht gross.23 Um zu akzeptableren Werten zu kommen, war die Entfernung von mehr Ausreissern notwendig, als aus statistischer Sicht erwartet wurden. Auch dies zeigt an, dass man mit den verwendeten Gruppie­rungs­krite­rien (ärztliche Diagnosen und Prozeduren) nur zu teil­weise homogenen Behand­lungs­fall­gruppen gelangte.

87

Tafel 17:
Varianzreduktion AR-DRG v4.0 in Victoria

Bezug Alle Fälle Ohne Ausreisser
Verweildauer 39 % 66 %
Kosten 47 % 68 %

88

 

Quelle: Jackson, zitiert in Duckett [AR-DRG, 2000]: 73.

89

 

90

Grundlegende DRG-Konstruktionsprobleme

Die schlechte Homogenität von DRG- und DRG-ähnlichen Systemen hängt mit einigen grundsätzlichen Konstruktions- und Anwen­dungs­problemen dieser Systeme zusammen. Dazu gehören insbesondere:

91

 

  1. die unpräzise Falldefinition (bedingt auch durch eine mangelnde zeitliche Strukturierung der Behand­lungs­einheiten);
  2. die Missachtung weiterer kosten­relevanter Patienten­merkmale, welche über die ärztlichen Diagnosen hinausgehen (z. B. Fähigkeits­einschrän­kungen, ausgewählte soziale Kriterien und Behand­lungs­ziele);
  3. die – insbesondere bei gewissen medizi­nischen Fällen vorhandene – Möglichkeit zur Manipulation der Gruppenzuteilung infolge einer nicht sehr präzisen Definition des Konzeptes der Haupt­diagnose;
  4. die in den meisten DRG-Systemen fehlende Berück­sichtigung von Mehrfach­behand­lungen.

92

|^·<×>·v|

6

Literaturverzeichnis

93

Arnold et al.
KH-Report
2000
Arnold M, Litsch M, Schellschmidt H [Hrsg.]. Krankenhaus-Report 2000. Schwerpunkt: Vergütungsreform mit DRGs. Stuttgart New York (Schattauer) 2000: 502 S. Info unter: http:// wido.de / khr_2000.html.

94

Commonwealth of Australia
AR-DRG-4.1
1998
Commonwealth of Australia. Australian Refined Diagnosis Related Groups Version 4.1. Definitions Manual. Three Volumes. Canberra (Commonwealth Department of Health and Aged Care) 1998: 1128 S.

95

Commonwealth of Australia
AR-DRG-4.1-Vol.2
1998
Commonwealth of Australia. Australian Refined Diagnosis Related Groups Version 4.1. Definitions Manual. Volume Two (DRGs J01Z-Z65Z). Canberra (Commonwealth Department of Health and Aged Care) 1998: 447 S.

96

Commonwealth of Australia
AR-DRG-4.1-Vol.3
1998
Commonwealth of Australia. Australian Refined Diagnosis Related Groups Version 4.1. Definitions Manual. Volume Three (Appendixes). Canberra (Commonwealth Department of Health and Aged Care) 1998: 306 S.

97

Duckett
AR-DRG
2000
Duckett SJ. Das australische AR-DRG-Klassi­fi­kations­system für den Krankenhausbereich. In: Arnold et al. [KH-Report, 2000] 2000: 67–74.

98

Fetter et al.
DRGs
1980
Fetter RB, Shin Y, Freeman JL, Averill RF, Thompson JD. Casemix definition by Diagnosis Related Groups. In: Medical Care 1980(18): S1–S53.

99

Fetter et al.
DRGs
1991
Fetter RB, Brand A, Dianne G [Hrsg.]. DRGs, Their Design and Development. Ann Arbor (Health Administration Press) 1991: 341 S.

100

Fischer
PCS
1997
Fischer W. Patienten­klassifi­kations­systeme zur Bildung von Behand­lungs­fall­gruppen im stationären Bereich. Prinzipien und Beispiele. Bern und Wolfertswil (ZIM) 1997: 514 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / PCS-Buch-9701-Info.htm.

101

Fischer
DRGs im Vergleich
1999
Fischer W. Diagnosis Related Groups (DRGs) im Vergleich zu den Patienten­klassifi­kations­systemen von Deutschland und Österreich. Eine problemzentrierte Diskussion von Patienten­klassifi­kations­systemen für stationäre Akut­behandlungen im Hinblick auf deren Verwendung in Ver­gütungs­systemen. Wolfertswil (ZIM) 1999: 155 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / DRGs-im-Vergleich-9901-Info.htm.

102

Fischer
Pflege­diagnosen
1999/2001
Fischer W. Die Bedeutung von Pflege­diagnosen in Gesundheitsökonomie und Gesundheitsstatistik. 3., erweiterte Auflage, Wolfertswil (ZIM) 1999/2001: 47 S. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / studien / Pflege-Diagnosen-9902-Info.htm.

103

Fischer
DRG-Systeme
2000
Fischer W. Diagnosis Related Groups (DRGs) und verwandte Patienten­klassifi­kations­systeme. Kurzbeschreibungen und Beurteilung. Wolfertswil (ZIM) 2000: 181 S. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / studien / DRG-Systeme-0003-Info.htm.

104

Fischer
SL/AR-DRG
2000
Fischer W. Das australische AR-DRG-System als Grundlage für ein deutsches DRG-System. In: Streiflicht Z I M 2000(8)2. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / streiflicht / ARDRGs-in-Deutschland-0007.htm.

105

Fischer
DRG+Pflege
2002
Fischer W. Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege. Grundlagen, Codierungssysteme, Integrationsmöglichkeiten. Bern (Huber) 2002: 472 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / DRG-Pflege-0112-Info.htm.

106

Iezzoni
Risk Adjustment
1994
Iezzoni LI [Hrsg.]. Risk Adjustment for Measuring Health Care Outcomes. Ann Arbor (Health Administration Press) 1994: 423 S.

107

Roger France
CM in Europe
2001
Roger France FH, Mertens I, Closon MC, Hofdijk J [Eds.]. Case Mix: Global Views, Local Actions. Evolution in Twenty Countries. Amsterdam Berlin Oxford (IOS Press) 2001: 177 S.

108

Z I M  -  Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil (SG), Steigstrasse 12, Schweiz
E-Post: , Tel: +41 71 3900 444

 
 
Vorheriger Artikel: Inhaltsverzeichnisse: Nächster Artikel:
G-DRG-Projekt und Pflege Artikel Pflegeaufwand und DRGs
Navigations-Tabellen
Z I M - Hauptseite

©  Z I M 
Fundstelle = http://www.fischer-zim.ch/artikel/ARDRG-0105-SGMI.htm
( Letztmals generiert: 05.01.2012 )