Z I M - Streiflicht 2012(20)1 |
Januar 2012
Letzte Änderung: 11.01.2012 |
Wird das ARDRG-System noch weiterentwickelt? |
Wolfram Fischer
Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil SG
(Schweiz)
http://www.fischer-zim.ch/
Australische Gesundheitsreform mit aktivitätsbasierter Vergütung ab 2012
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1 Vgl. http:// nccc.uow.edu.au / ardrg / overview / [2012-01]. 2 Vgl. http:// nccc.uow.edu.au / ardrg / overview / [2012-01]. |
Ende 2008 wurde die ARDRG-Version 6.0 publiziert. Bis dahin wurde das australische DRG-System alle zwei Jahre revidiert, aber seit 2008 gab es keine neue Version mehr. Somit blieb die Version 6.0 bis heute gültig.1 Im vergangenen Jahr wurde nun die Publikation der nächsten Revision (Version 7.0) für 2012 angekündigt. Mitte 2013 soll sie implementiert werden.2 – Was war der Grund für diese aussergewöhnliche ‹Funkstille›? |
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3 PricewaterhouseCoopers [ARDRG Review, 2009]. 4 COAG [Health Reform, 2011]; http:// www.yourhealth.gov.au. Vgl. auch Smith [COAG Health Reforms, 2011]. 5 Von der aktivitätsbasierten Vergütung gibt es auch Ausnahmen, u. a. sollen kleinere Landkrankenhäuser davon ausgenommen werden und weiterhin mit festen Budgets («block grants») arbeiten können. |
Systementwicklungsüberprüfung und Gesundheitsreform |
Es waren zwei Prozesse, die der Wiederaufnahme der ARDRG-Weiterentwicklung vorangegangen sind: |
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6 PricewaterhouseCoopers [ARDRG Review, 2009]: 2+31. 7 Die dazugehörige Gesamtsumme betrug gemäss OECD-Statistik AU$ 29 Mia. im Jahr 2008 oder AU$ 22 Mia. im Jahr 2005. Das NCCC gibt als dazugehörige Gesamtsumme nur mit AU$ 10 Mia. an (http:// nccc.uow.edu.au / casemix / thereviewofthear-drgclassificationsystemdevelopmentprocess / [2012-01]). – Laut der OECD-Statistik betrugen die Kosten der akutstationären Behandlungen in Australien im Jahr 2008 («in-patient curative care») AU$ 38 Mia. Die Summe der öffentlichen Mittel betrug AU$ 29 Mia. Von der Nation sind davon AU$ 19 Mia. (65 %), von den Staaten AU$ 10 Mia. (35 %) übernommen worden. – http:// stats.oecd.org / index.aspx ? DataSetCode = HEALTH_STAT > Health Expenditure and Financing > Total health expenditure [2012-01]. |
Inhalt der ARDRG-Überprüfung |
Die Überprüfung konzentrierte sich auf die Organisation des ARDRG-System-Entwicklungsprozesses. Die Qualität der Abbildung der Krankenhausleistungen und der Auswirkungen der fallpauschalen Vergütungen wurden nicht näher untersucht. Zu den ARDRG-Auswirkungen gibt es im Bericht nur eine allgemein gehaltene und nicht weiter belegte Liste positiver Auswirkungen sowie eine Schätzung ohne Jahresangaben, dass sich die Aufenthaltsdauern um rund zwei Millionen Pflegetage verkürzten und damit nahezu AU$ 4 Mia. pro Jahr eingespart werden konnten.67 |
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8 PricewaterhouseCoopers [ARDRG Review, 2009]: 54 f: Empfehlung 7. 9 http:// nccc.uow.edu.au / ardrg / development / [2012-01]. |
Neu:
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Als Folge der Überprüfung des ARDRG-System-Entwicklungsprozesses wurde u. a. die ARDRG-Entwicklung zentralisiert8: Alle Wartungs- und Entwicklungsarbeiten wurden auf Mitte 2010 dem «National Casemix and Classification Centre» (NCCC) des «Centre for Health Service Development» (CHSD) an der Universität von Wollongong (UoW) übergeben.9 |
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10 Das ARDRG-System wurde insbesondere in Victoria nach eigenen Bedürfnissen leicht modifiziert. Viele dieser Modifikationen seien später ins nationale ARDRG-System übernommen worden. – http:// www.health.vic.gov.au / casemix / about [2012-01]. |
Einheitliches DRG-System |
Es wurde auch vorgeschlagen, dass die Staaten das nationale Patientenklassifikationssystem nicht mehr modifizieren.10 |
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Neu:
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Ein zentrales, neues Schlagwort der Gesundheitsreform ist der Begriff «aktivitätsbasierte Vergütung» («activity based funding»). Damit wird der bisherige Term «Casemix-basierte Vergütung» («casemix funding») abgelöst. Der neue Begriff ist allgemeiner: Es geht einerseits nicht mehr bloss um stationäre Behandlungsfälle («cases»), sondern um alle Arten von Behandlungen wie z. B. Rehabilitation, palliative Behandlungen, Behandlungen in Notfallabteilungen, ambulante Behandlungen oder Krankenpflege zu Hause. Andererseits sollen auch die weiteren Produkte des Gesundheitssystems miteinbezogen werden wie z. B. Prävention oder Forschung und Lehre.11 |
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12 Zusätzlich zu den akutstationären Behandlungen sollen ab Juli 2012 aktivitätsbasiert vergütet werden: Eintritte auf der Notfallabteilung auf der Basis von Urgency Related Groups (URG); ambulante Behandlungen im Krankenhaus («non admitted») nach NHCDC Tier 2 (einem bisher noch nicht angewandten System). Später (ein Jahr?) sollen folgen: Subakute Behandlungen nach AN-SNAP; psychiatrische Behandlungen. – Vgl. Fodero et al. [ABF in Australia, 2011]; Smith [COAG Health Reforms, 2011]: 9. – Das URG-System und weitere Notfallpatientenklassifikationssysteme sind u. a. beschrieben in: Fischer [Notfallvergütung im Krankenhaus, 2009]. – Zur AN-SNAP-Reha-Klassifikation vgl: Green+Gordon [AN-SNAP 2, 2007]; Lee et al. [SNAP, 1998]. |
= DRGs für Akut-Krankenhäuser |
Während im akutstationären Bereich bereits ein System zur Klassifikation der Aktivitäten existiert, nämlich das ARDRG-System, müssen für die anderen Bereiche neue Systeme entwickelt oder schon vorhandene noch eingehend getestet werden.12 |
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13 Gemäss PricewaterhouseCoopers [ARDRG Review, 2009]: 42, gibt es eine Casemix-basierte Vergütung in: Victoria, Queensland, South Australia, Western Australia und neueren Datums auch New South Wales. |
Bisher:
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Bisher wurden die ARDRGs auf nationaler Ebene hauptsächlich für Statistiken benutzt. In den einzelnen australischen Staaten und Territorien wurden zunächst meist DRG-basierte Budgets berechnet. Viele Staaten gingen später zu einer DRG-basierten Vergütung der öffentlichen Krankenhäuser über.13 – Mit der Gesundheitsreform werden für die Krankenhausvergütung ab Mitte 2012 neu ein nationaler «Pool» und nationale Preise eingesetzt. |
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14 Vgl. zum Folgenden auch: http:// www.yourhealth.gov.au / internet / yourhealth / publishing.nsf / Content / nhra-faq-healthprof#restructuring [2012-01]. 15 Vgl. Smith [COAG Health Reforms, 2011]: 12. Bis zum Herbst 2011 sind 137 lokale Krankenhausnetzwerke eingerichtet worden. |
Krankenhausnetzwerke |
Die Gesundheitsreform beinhaltet auch weitreichende Umstrukturierungen.14 Unter anderem sollen sich die Krankenhäuser zu lokalen Krankenhausnetzwerken zusammenschliessen.15 |
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16 Senate, Australia [IHPA, 2011]. |
Preisfindungsstelle |
Im September 2011 wurde eine nationale «unabhängige Krankenhaus-Preisfindungsstelle» eingerichtet: Die «Independent Hospital Pricing Authority» (IHPA). Diese Stelle bestimmt die nationalen Preise für effizient erbrachte Krankenhausleistungen («national efficient prices») sowie die Regeln, nach welchen einzelne Aktivitäten oder ganze Krankenhäuser (insbesondere kleinere Landkrankenhäuser) von der aktivitätsbasierten Vergütung dispensiert werden.16 |
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Die Staaten sind frei, mit den Krankenhausnetzwerken über zusätzliche finanzielle Mittel zu verhandeln. |
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Zusammenfassende Schlussgedanken:
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Zusammenfassend kann festgestellt werden: In Australien gab es einen ‹Marschhalt› und eine Standortbeurteilung zum ARDRG-System-Entwicklungsprozess im Jahr 2009. Gleichzeitig wurde auf national-politischer Ebene über mehrere Jahre hinweg über Verbesserungen der Gesundheitsversorgung (Stichworte: Wartelisten, Behandlungsqualität) und über einen wirksamen Einsatz von leistungsbezogenen Vergütungen diskutiert. Im Hinblick auf die im Jahr 2012 in Kraft tretende Gesundheitsreform wird das ARDRG-System nun wieder weiterentwickelt. |
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– Neue Patientenklassifikationssysteme in anderen Bereichen |
Die gleichzeitig angeordnete Verwendung von Vergütungspauschalen in weiteren Bereichen, insbesondere in der Rehabilitation und in der Psychiatrie, erinnert an die fast zeitgleich geplanten Vorhaben in der Schweiz und in Deutschland. Dass in diesen Bereiche weltweit nur vereinzelt Patientenklassifikationssysteme eingesetzt wurden, hat weniger mit fehlendem guten Willen als mit der schlechten Modellierbarkeit zu tun. Entsprechend werden auch fall- oder tagespauschale Vergütungen weniger kostenadäquat als im Akutbereich sein, dafür umso mehr Anreize bieten, rentable ‹Vergütungsnischen› zu suchen. Trotzdem ist festzuhalten, dass Pauschalen, die nach dem zu erwartenden Behandlungsaufwand differenzieren, leistungsgerechter sind als Fixpreise. – Dass in Australien in den nicht-akuten Bereichen noch kaum entwickelte oder im Hinblick auf eine Vergütung wenig getestete Kategorisierungssysteme vorgesehen werden, macht Druck und erzeugt auch Widerspruch. Im besten Fall kann dies aber auch zur Weiter- oder Neuentwicklung herausfordern. |
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Literaturverzeichnis |
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Council of Australian Governments. National Health Reform Agreement. 2011: 70 S. Internet: http:// www.coag.gov.au / docs / national _ health _ reform _ agreement.pdf. | |||
Eagar K. What is activity-based funding?. ABF Information Series No. 1. Wollongong 2010: 3 S. Internet: http:// ahsri.uow.edu.au / content / groups / public / @web / @chsd / documents / doc / uow082633.pdf. | |||
Fischer W. Notfallvergütung im Krankenhaus. Patientenklassifikationssysteme und Notfallpauschalen bei DRG-basierter Vergütung von stationären Behandlungen. 1. Auflage, Wolfertswil (ZIM) 2009: 180 S. | |||
Fodero L, Scuteri J, Pearse J, Mazevska D. Planning for ABF as part of reforming the Australian healthcare system. Abstract 27th International PCSI Conference, Montreal. In: BMC Health Services Research 2011(11)Suppl 1: A9. Internet: http:// www.biomedcentral.com / 1472-6963 / 11 / S1 / A9. | |||
Green J, Gordon R. The development of Version 2 of the AN-SNAP casemix classification system. In: Australian Health Review 2007(31)Suppl 1: S68–S78. Internet: http:// www.publish.csiro.au / ? act = view _ file & file _ id = AH070S68.pdf. | |||
Lee LA, Eagar KM, Smith MC. Subacute and non-acute casemix in Australia. In: Medical Journal of Australia 1998/69: S22–S25. Internet: http:// www.mja.com.au / public / issues / oct19 / casemix / lee / lee.html. | |||
PricewaterhouseCoopers. The Review of the AR-DRG Classification System Development Process. 2009: 140 S. Internet: http:// www.health.gov.au / internet / main / publishing.nsf / Content / Casemix-1 / $File / Final _ Report _ November _ 2009.pdf. | |||
Senate Finance and Public Administration Legislation Committee. National Health Reform Amendment (Independent Hospital Pricing Authority) Bill 2011 [Provisions]. Canberra (Commonwealth of Australia) 2011: 41 S. Internet: http:// www.aph.gov.au / Senate / committee / fapa _ ctte / ind _ hospital _ pricing _ authority / report / report.pdf. | |||
Smith A. Overview of COAG Health Reforms. In: The National Casemix & Activity Based Funding Conference, Carrara 2011: 16 S. Internet: http:// casemixconference2011.com.au / _ literature _ 103863 / Plenary _ Sessions _ Proceedings. |
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