Fischer: Gesucht: Ein DRG-System für die Schweiz.
Kurzer Überblick zum Beginn der Arbeiten am SwissDRG-Projekt.

Z I M - Artikel H+ Fachmagazin «competence», Mai 2004       März 2004
Letzte Änderung: 05.07.2004


Gesucht:
Ein DRG-System für die Schweiz

Wolfram Fischer

Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil SG (Schweiz)
http://www.fischer-zim.ch/


Kurzer Überblick zum Beginn der Arbeiten am SwissDRG-Projekt

In gekürzter Form erschienen in: competence, 2004/5, S. 4 – 8.

      
Navigation
 î  ZIM-Hauptseite
 î  Navigations-Tabellen
 î  Gesamtverzeichnis
 î  Abkürzungen
Artikel
^ Verzeichnis
<   Grafiken für Betriebsvergleiche
>   DRG-Ähnlichkeit
 
=   [print] [pdf icon] Pdf-Datei (320 KB)
Querverweise
»   SwissDRG (Schweiz)
»   Von APDRG-CH zu SwissDRG
»   AP-DRG-Schweiz
»   DRG-System-Eigenschaften
»   SwissDRG-Tabellen mit Vorjahresvergleichen
Querverweise 2
»   DRG-Entwicklungsperspektiven
»   DRG-Familie
»   DRGs und verwandte PCS
»   DRGs und Pflege
»   PCS-Buch

Inhaltsverzeichnis

 

 

1 Was sind Diagnosis Related Groups (DRGs)? 1

 

1.1 DRG-Systeme als Patientenklassifikationssysteme 2

 

1.2 Fallgruppierung 8

 

1.3 DRGs zur Vergütung von Fallpauschlen 13

 

2 Welche DRG-Systeme interessieren die Schweiz? 18

 

2.1 AP-DRG 21

 

2.2 IR-DRG 26

 

2.3 G-DRG 32

 

3 Ausblick 39

 

4 Verzeichnisse 46

 

4.1 Abkürzungsverzeichnis 47

 

4.2 Literaturverzeichnis 49


|^·<×>·v|

1

Was sind Diagnosis Related Groups (DRGs)?

1

|^·<×>·v|

1.1

DRG-Systeme als Patientenklassifikationssysteme

2

1 Vgl. Fetter et al. [DRGs, 1980]; Fetter et al. [DRGs, 1991]; Iezzoni [Risk Adjustment, 1994]; Fischer [PCS, 1997]; Fischer [DRG+Pflege, 2002].

DRG-Systeme

DRG steht für «Diagnosis Related Groups».1 DRG-Systeme sind ärztlich-ökonomische Patienten­klassifi­kations­systeme. Damit können Behand­lungs­fälle von Akutkrankenhäusern in eine beschränkte An­zahl klinisch definierter Gruppen mit möglichst ähnlichen Behand­lungs­kosten eingeteilt werden.

3

Verwendung von Routinedaten

[Tafel 1] Die Ent­wick­lung von DRG-Systemen begann Ende der 70er Jahre in den USA. Eine der Rahmenbedingungen dabei war die Einschränkung, dass nur routinemässig erhobene Daten verwendet werden durften. Der in den USA bereits damals vorhandene Aus­tritts­daten­satz der Kranken­häuser enthielt an klinischen Daten:

  • Ärztliche Haupt- und Neben­dia­gnosen.
  • Chirurgische und diagnostische Prozeduren.
  • Alter und Ge­schlecht des Patienten.

4

 

Diese Angaben sind seither – zusammen mit dem etwas später noch hinzugenommenen Geburts­gewicht bei Neu­gebo­renen – die wichtigsten Gruppie­rungs­krite­rien in DRG-Systemen geblieben. (Die in der Grafik im Weiteren noch aufgeführte Austrittsart – gemäss oder entgegen dem ärztlichen Rat, Verlegung in ein anderes Krankenhaus, Tod – und die Aufenthaltsdauer werden in allen DRG-Systemen höchstens zur Definition von nur wenigen DRGs beigezogen.)

5

Tafel 1:
Bildung von DRGs aus den Daten des Austritts­datensatzes

Tafel 1: 
Bildung von DRGs aus den Daten des Austritts­datensatzes

6

 

Quelle: Z I M.

 

Konstruktion

Zum Aufbau der DRG-Listen wurden Listen von Diagnosen gewöhnlich von Ärztegremien grob gegliedert und zu Gruppen zu­sammen­gefasst. Die Feinunterteilungen wurden vielfach aufgrund statistischer Analysen von Kostendaten vorgenommen. (Zu Beginn der DRG-Ent­wick­lung lagen allerdings noch kaum Kostendaten vor; deshalb wurden meist Aufenthaltsdauern als Kostenindikatoren benutzt.)

7

 

 

 

|^·<×>·v|

1.2

Fallgruppierung

8

 

Jedem Patient wird pro Spitalaufenthalt genau eine DRG zugeordnet.

9

 

Da bei der DRG-Konstruktion darauf geachtet wurde, dass alle notwendigen Daten routinemässig im ameri­ka­nischen Aus­tritts­daten­satz vorhanden sind, kann eine solche Zuord­nung automatisiert erfolgen. Dazu wird ein Gruppie­rungs­programm benötigt, welches in der angelsächsischen Welt «grouper» genannt wird.

10

2 Ausnahme-DRGs sind in einer Haupt­kate­gorie namens «Pre-MDC» ausgesondert. – Im IRDRG-2.0-System entfällt dieser Schritt, da in operativen Fälle die Haupt­kate­gorie aufgrund der Prozeduren bestimmt wird.

3 MDC = Major Diagnostic Category = hierarchisch oberste Gliederungsebene in DRG-Systemen.

4 «Basis-DRGs» entsprechen den DRGs unter Weglassung der Unter­teilungen nach Begleit­erkran­kungen oder Komplikationen und/oder Alters­stufen. In den DRG-Systemen werden diese zu­sammen­gefassten Gruppen auch «Adjacent DRGs» und «Base-DRGs» genannt.

5 Es ist zu beachten, dass in vielen DRG-Systemen nicht alle Basis-DRGs nach Schwere­graden unterteilt sind. In solchen Fällen ist die Basis-DRG mit der DRG identisch.

Fünf wesent­liche Schritte

Die (automatisierte) Zuweisung einer DRG zu einem Behand­lungs­fall beinhaltet in den meisten Systemen die folgenden fünf wesent­lichen Schritte: [Tafel 2]

  1. Die direkte Bestimmung einzelner Ausnahme-DRGs aufgrund bestimmter Prozeduren. (Gewöhnlich handelt es sich dabei um Transplantationen und temporäre Tracheo­stomien.)2
  2. Die Bestimmung der Haupt­kate­gorie («MDC»3) aufgrund der Haupt­diagnose.
  3. Die Bestimmung der Basis-DRG4 innerhalb der gefundenen Haupt­kate­gorie aufgrund der wichtigsten Prozedur bei chirur­gischen Patienten bzw. aufgrund der Haupt­diagnose bei medizi­nischen Patienten.
  4. Die Bestimmung des «Schwere­grades» aufgrund der Neben­dia­gnosen (unter Berück­sichtigung der Haupt­diagnose oder der Basis­fall­gruppe).
  5. Die Bestimmung der DRG aufgrund der Kom­bina­tion von Basis-DRG, Schwere­grad und (evtl.) Alterstufe.5

11

Tafel 2:
DRG-Bestimmung

Tafel 2: 
DRG-Bestimmung

12

 

Quelle: Nach Fischer [AR-DRG, 2001]

 
 

 

 

|^·<×>·v|

1.3

DRGs zur Vergütung von Fallpauschlen

13

Tafel 3:
APDRG-Beispiel

Tafel 3: 
APDRG-Beispiel

14

 

Quelle: Z I M.

 

Elemente von DRG-Pauschalen

Für den praktischen Einsatz werden die in DRG-Systemen definierten die Behand­lungs­fall­gruppen mit zusätzlichen Informationen versehen. In Tafel 3 ist die Komplementierung einer DRG mit Kennzahlen und Preisen bei deren Einsatz in einem Ver­gütungs­system dargestellt. Es können drei grundlegende Systemelemente unterschieden werden:

15

 

  1. Produkte­beschrei­bung.
  2. Kennzahlen.
  3. Preise.

16

6 In Australien werden z. B. zusätzlich zu den nationalen Kosten­gewichten für jedes Bundesland eigene Kosten­gewichte berechnet.

7 Der Basispreis wird auch «Basisfallwert» genannt. In Amerika wird dafür der Begriff «base rate» verwendet.

 

Produkte­beschrei­bung:

  • Als Patientengruppen werden in DRG-Systemen die einzelnen DRGs verwendet. Sie sind über die Bezeich­nung und die zugehörigen Diagnose- und (meist chirur­gischen) Proze­duren­codes definiert. – Eine detailliertere Charak­teri­sie­rung der zu erbringenden Leistungen fehlt.
  • Als Behand­lungs­einheit ist der stationäre Fall definiert. Er umfasst den Zeitraum vom Eintritt bis zum Austritt des Patienten. Meist ist er auf der Ebene des Spitals, manchmal auch auf der Ebene der Kranken­haus­abteilung definiert. – Unklarheiten und daraus folgende Probleme ergeben sich bei dieser Definition haupt­sächlich bei externen und z. T. auch bei internen Verlegungen.
Kennzahlen:
  • Die wichtigste Kennzahl ist das «Kosten­gewicht». Es widerspiegelt die durch­schnitt­lichen Behand­lungs­kosten der Fälle aus der zugehörigen DRG. Es wird meist als relativer Punktewert angegeben. – Je nach Vereinbarung gelten Kosten­gewichte für eine ganze Nation oder nur für eine Region.6
  • Weitere Kennzahlen sind durch­schnitt­liche Aufenthaltsdauern sowie Grenzwerte für Aufenthaltsdauern und Kosten. – Fälle, die ausserhalb der (unteren oder oberen) Grenzwerte liegen, gelten als «Ausreisser» und werden gewöhnlich nach speziellen Regelungen entschädigt.
Preise:
  • Der wichtigste Preis ist der «Basispreis».7 Der Basispreis gilt für alle DRGs gleichermassen. Er bezieht sich auf das Kosten­gewicht 1.0.
  • Wenn der Basispreis mit dem Kosten­gewicht einer DRG multipliziert wird, erhält man die Fall­pauschale zu dieser DRG.
  • Nebst der Fall­pauschale können noch Zu- und Abschläge auf den Fall­pauschalen oder un­abhän­gig davon vergütet werden. Zuschläge können z. B. für Lang­lieger oder bei Mehrfach­behand­lungen, aber auch für Bettenvorhaltung oder für Lehre und Forschung gemacht werden. Abschläge können z. B. für Kurz­lieger oder bei Überschreitung von vertraglich festgelegten Mengen vereinbart werden.

17

 

 

 

|^·<×>·v|

2

Welche DRG-Systeme interessieren die Schweiz?

18

 

In der Schweiz stehen insbesondere die folgenden drei DRG-Systeme zur Diskussion:

  • AP-DRG. Dieses System in seiner 12. Version wurde von der Gruppe APDRG-Schweiz an Schweizer Verhältnisse angepasst. Es wird in mehre­ren Kantonen eingesetzt.
  • IR-DRG. Dies ist ein neues System der Firma 3M, dessen Struktur im Vergleich zu älteren DRG-Systemen gestrafft wurde. Die Ent­wick­lung ist noch nicht abgeschlossen.
  • G-DRG. Dieses System ist eine deutsche Weiter­entwick­lung des australischen ARDRG-Systems (Version 4.1). Die Ent­wick­lung ist noch nicht abgeschlossen.

19

 

Wenn das zukünftige SwissDRG-System auf einem dieser ausländischen DRG-Systeme aufsetzen soll, dann können nur die Liste der DRGs und die Gruppie­rungs­krite­rien übernommen werden. Die Kennzahlen – insbesondere die Kosten­gewichte (DRG-Punkte) und die Aufenthaltsdauern – sind aber aufgrund der schweizerischen Daten neu zu berechnen.

20

|^·<×>·v|

2.1

AP-DRG

21

8 Fälle der höchsten Schweregradstufe = Fälle «mit MCC» = Fälle mit schwer­wiegenden Begleit­erkran­kungen oder Komplikationen.

APDRG

[Tafel 4] Im APDRG-System («All Patient Diagnosis Related Groups») der Firma 3M sind insgesamt 641 Behand­lungs­fall­gruppen definiert. Der Schwere­grad wird anhand der schwerwiegendsten Neben­dia­gnose bestimmt. Die Schwere­grad­einteilung ist dreistufig. Fälle der höchsten Schweregradstufe8 sind auf der Ebene der Haupt­kate­gorien in Sammel-DRGs zu­sammen­gefasst worden.

22

 

Im APDRG-System sind keine Basis­fall­gruppen benannt. (Basis­fall­gruppen wurden zunächst nur in Systemen wie RDRG und APR-DRG explizit benannt und codiert, in Systemen also, in welchen die Behand­lungs­fall­gruppen durchgehend in gleicher Weise nach Schwere­graden unterteilt sind.)

23

 

Das APDRG-System wurde in den USA und in mehre­ren europäischen Ländern eingesetzt. In der Schweiz wird die Version 12.0 seit ca.  1997 – zunächst testeshalber – eingesetzt.

24

Tafel 4:
Hierarchiestufen im APDRG-System

Tafel 4: 
Hierarchiestufen im APDRG-System

25

 

Quelle: Fischer [DRGs im Vergleich, 1999]: 42.

 
 

 

 

|^·<×>·v|

2.2

IR-DRG

26

IR-DRG

IR-DRG steht für «International Refined Diagnosis Related Groups». Entwickelt wurde dieses noch junge DRG-System von der Firma 3M. Eine wichtige Zielgruppe war und ist der europäische Markt. Bei der Konstruktion benutzte man eine modifizierte Liste der Basis­fall­gruppen des APR-DRG-Systems. Zunächst waren auf der Basis der Listen der schweregradrelevanten Neben­dia­gnosen (den sogenannten CC- und MCC-Listen) des APDRG-Systems durchgehend drei Schweregradstufen pro Basis-IRDRG definiert.

27

9 Prozedurenbezogene Patienten­kate­gorien gab es bisher bereits in den Systemen HRG und LDF. – Vgl. auch Fischer [«DRGs» und DRGs, 2007].

Korrektur der DRG-Konstruktionsprinzipien

Die zweite Version, die in Europa Ende 2003 vorgestellt wurde, korrigierte bisher etablierte DRG-Konstruktionsprinzipien in zum Teil wesent­lichen Punkten. Eine dieser Neuerungen betraf die Abkehr vom Prinzip der Hauptdiagnosekategorien: Bei chirur­gischen Behand­lungen bestimmt nun die Hauptprozedur auch gleich die Haupt­kate­gorie. Der Begriff «DRG», d. h. «diagnosebezogene Gruppen» stimmt nun eigentlich nicht mehr.9 Im Weiteren wurde die noch aus den Anfängen stammende Struktur der Haupt­kate­gorien zum Vorteil der Anwender gestrafft. Und für ambu­lante Behand­lungen sind z. T. eigene DRGs definiert worden. Diese haben keine Schwere­grad­unter­tei­lung.

28

Verwendung nationaler Codie­rungs­systeme

Bei der IRDRG-Systementwicklung war es ein vorrangiges Ziel, dass unter­schied­liche nationale Diagnosen- und Proze­duren­codes verwendet werden können. In der Schweiz ist ein System nötig, das ICD-10-Diagnosen und CHOP-Prozeduren (d. h. im Prinzip: ICD-9-CM/3-Prozeduren) verarbeiten kann. Eine solche Version wurde von der Firma 3M im März 2004 als verfügbar erklärt.

29

10 Vgl. Mullin et al. [IR-EU, 2003].

In Ent­wick­lung

Das IRDRG-System befindet sich noch in Ent­wick­lung. Momentan sind 550 Basis-IRDRGs und 1074 IRDRGs definiert. Tests wurden bereits in mehre­ren, insbesondere europäischen Ländern durchgeführt.10

30

Tafel 5:
Hierarchiestufen IR-DRG Version 2 (Stand März 2004)

Tafel 5: 
Hierarchiestufen IR-DRG Version 2 (Stand März 2004)

31

 

Quelle: Fischer [Paarweise PCS-Vergleiche, 2005]: 13.

 
 

 

 

|^·<×>·v|

2.3

G-DRG

32

Übersetzung von
ARDRG-4.1

G-DRG steht für «German Diagnosis Related Groups». Bei der ersten Version, die im Jahre 2003 im Rahmen des sogenannten «Optionsmodelles» freiwillig von den Kranken­häusern Deutschlands angewendet werden konnte, handelte es sich um eine Übersetzung des AR-DRG-Systems (Version 4.1), welche auf Diagnosecodierungen nach ICD-10 und Prozedurencodierungen nach der deutschen Klassi­fi­kation OPS-301 beruhte. Die Kosten­gewichte («Bewertungsrelationen») für das Jahr 2003 wurden provisorisch auf der Basis von Kostendaten aus 116 Kranken­häusern bestimmt.

33

11 Die letzte ANDRG-Version (von 1996) war 3.1; deshalb erhielt die erste ARDRG-Version (von 1998) die Nummer 4.0.

Das australische ARDRG-System

Beim 1998 entstandenen ARDRG-System handelt es sich um eine australische Eigenentwicklung, die auf den Erfahrungen eines adaptierten DRG-Systems namens «AN-DRG» aufbaute.11 Es umfasste in der Version 4.1 409 Basis-ARDRGs und 661 ARDRGs.

34

PCCL

Eine der Besonderheiten des ARDRG-Systems sind die PCCLs («Patient Clinical Complexity Levels»): Sie bilden den Schwere­grad des Falles in fünf Stufen ab. Bei deren Berechnung werden alle Neben­dia­gnosen berücksichtigt. Eine Kom­bina­tion der 409 Basis-ARDRGs mit den fünf möglichen PCCLs ergäbe im Prinzip über 2000 DRGs. Um die An­zahl der DRGs trotz einer differenzierten Berück­sichtigung von Schwere­graden klein zu halten, wurden die PCCLs nach ökonomischen Kriterien zu – je nach Basis-ARDRG unter­schied­lichen – Schwere­grad­kategorien zu­sammen­gefasst.

35

Tafel 6:
Hierarchische Struktur des ARDRG-Systems

Tafel 6: 
Hierarchische Struktur des ARDRG-Systems

36

 

Quelle: Fischer [SL/AR-DRG, 2000].

 

12 Dazu gehören gemäss der «Fallpauschalenverordnung besondere Einrichtungen 2004» (FPVBE 2004):

  • Kranken­häuser mit mehr als 50 % Ausreissern oder bei denen mehr als 75 % der Fälle (exkl. Ausreisser) länger als die durch­schnitt­liche GDRG-Aufenthaltsdauer liegen, falls dies klinisch begründet werden kann und nicht auf Unwirt­schaft­lich­keit zurückzuführen ist.
  • Kranken­häuser oder organisatorisch abgrenzbare Teile davon mit hohen Vorhaltekosten und geringen oder nicht verlässlichen Fallzahlen (z. B. Isolierstationen, Einrichtungen für Schwerbrandverletzte; nicht jedoch Intensivabteilungen).
  • Weitere, noch nicht näher definierte Ausnahmen bei anders bedingten nicht sachgerechten Vergütungsergebnissen.

GDRG-2004

In der GDRG-Version 2004, die im Jahr 2004 von allen Kranken­häusern Deutschlands einzusetzen ist, wurden viele DRGs neu definiert oder neu nach Schwere­graden unterteilt. Es gibt nun 473 Basis-GDRGs und 824 GDRGs. Sie gelten nicht nur im akutstationären Bereich, für welchen DRGs ursprünglich gedacht waren, sondern für Behand­lungen in allen Arten von Kranken­häusern mit Ausnahme von Einrichtungen der Psychiatrie, der Psychosomatik und der Psychotherapie. 2004 kamen als weitere Ausnahme auch noch bestimmte «besondere Einrichtungen» hinzu.12

37

Zusatz­entgelte

Nebst der vorgesehenen Vergütung von GDRG-Fall­pauschalen gibt es in Deutschland noch gut zwei Dutzend «Zusatz­entgelte», deren Preise krankenhausindividuell ausgehandelt werden. Für teil­statio­näre Behand­lungen und bei Wiederaufnahmen gelten besondere Abrechnungsregeln.

38

 

 

 

|^·<×>·v|

3

Ausblick

39

SwissDRG

In der Schweiz soll unter dem Namen «SwissDRG» bis in drei Jahren ein nationales DRG-System zur Verfügung stehen. Ein wichtiger Entscheid betrifft dabei die Frage, ob dazu ein ausländisches System übernommen werden kann oder ob besser eine Adaptation oder gar eine Eigenentwicklung vorgenommen werden sollte.

40

Auswahl eines Modellsystems

Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass es früher oder später fast immer zu Adaptationen kam, oftmals auch zu Eigenentwicklungen. In einem ersten Schritt kommt für die Schweiz eine Eigenentwicklung infolge der hohen Kosten eher nicht in Frage. Somit ist zu überlegen, welches DRG-System als Modellsystem benutzt werden kann, an dem dann im Verlaufe der Jahre nationale Anpassungen vorgenommen werden können. Aufgrund des Erfahrungsschatzes, den sich die Gruppe «APDRG-Schweiz» in der Arbeit mit dem APDRG-System erarbeitet hat, scheint dieses System als Modellsystem prädestiniert zu sein. Diese Erfahrungen sind allerdings abzuwägen mit den konzeptionellen Unzulänglichkeiten dieses Systems: Das APDRG-System besitzt keine benannten Basis-DRGs, und die Zusammen­fassung der Fälle mit den höchsten Schwere­graden auf der Ebene der Haupt­kate­gorien erschwert die Auswertbarkeit. Dass in diesem System (wie auch im IRDRG-System) nur die schwerste Neben­dia­gnose bei der Festsetzung des Schwere­grades berücksichtigt wird, kann als Vor- oder als Nachteil betrachtet werden. Solange die Codierungsqualität unbefriedigend ist, ist dies ein Vorteil, denn die Unterschiede bei den resultierenden DRGs sind kleiner. Sobald differenzierter codiert wird – und das wird spätestens dann geschehen, wenn DRGs zur Vergütung verwendet werden –, ist ein System wie das ARDRG- bzw. GDRG-System vorzuziehen, da es die klinische Sicht ein wenig besser wiedergibt.

41

 

Ein wichtiger Punkt sind die Kosten für Lizenzen und Wartungsarbeiten. Je nach Vertragslage, aber auch je nach Systemhintergrund können die finanziellen Folgen der DRG-Modellwahl sehr unter­schied­lich ausfallen. So würde bei einer allfälligen Wahl des GDRG-Systems der grosse Aufwand, der sich aus der Transcodierung der Prozeduren aus der schweizerischen CHOP in den deutschen OPS-301 ergibt, negativ ins Gewicht fallen. – Ideal wäre es, wenn das DRG-Regelwerk frei verfügbar wäre («open source»). Jedenfalls sollte man bei der Weiter­entwick­lung möglichst freie Hand haben und nicht abhängig sein von der Zustimmung einer Firma.

42

 

Ich bin mir im Klaren darüber, dass nicht alle diese Forderungen gleichzeitig erfüllt werden können. Es ist ein sorgfältiges Abwägen der Vor- und Nachteile erforderlich.

43

13 Vgl. auch Fischer [Ver­gütungs­systeme, 1999].

Weitere Arbeiten und Entscheidungen

Unabhängig vom angewandt werdenden DRG-System müssen für die Schweiz eigene Kosten­gewichte berechnet werden, und es ist ein Vergütungsmodell13 zu beschreiben und auszuhandeln. Die Definition des Behandlungsfalles muss präzisiert werden. Es muss vereinbart werden, was unter Wiederaufnahmen verstanden wird und wie «Garantiefälle» vergütet werden sollen. Es ist darauf zu achten, dass sich die Kosten­gewichte nur in begründeten Fällen sprunghaft, sonst aber kontinuierlich entwickeln. Auch muss beobachtet und allenfalls geregelt werden, wie sich die Versorgung mit medizi­nischen Leistungen verändert und welche Auswirkungen sich in vor- und nachgelagerten Bereichen ergeben.

44

Die DRG-Wahl ist nur ein Anfang

Vor dem Hintergrund all dieser Arbeiten bleibt die Wahl des Modellsystems zwar eine wichtige und wesent­liche Entscheidung. Aber damit steht man erst am Anfang eines langen, spannenden Weges.

45

 

 

 

|^·<×>·v|

4

Verzeichnisse

46

|^·<×>·v|

4.1

Abkürzungsverzeichnis

47

Tafel 7:
Im Text verwendete Abkürzungen

48

Abkürzung Bezeich­nung Internet- und Literaturhinweise
AP-DRG All Patient Diagnosis Related Groups http:// www.fischer-zim.ch / text-pcssa / t-ga-E4-System-AP-0003.htm
APDRG-Schweiz Verein APDRG-Schweiz http:// www.apdrgsuisse.ch /
APR-DRG All Patient Refined Diagnosis Related Groups http:// www.fischer-zim.ch / text-pcssa / t-ga-E5-System-APR-0003.htm
AR-DRG Australian Refined Diagnosis Related Groups http:// nccc.uow.edu.au / ardrg / overview /
CC Comorbidity or Complication Begleiterkrankung oder Komplikation
CHOP Schweizerische Operationsklassifikation http:// www.bfs.admin.ch / bfs / portal / de / index / infothek / nomenklaturen / blank / blank / chop / 02.html
DRG Diagnosis Related Groups http:// www.fischer-zim.ch / textk-pcs / index.htm
FPVBE 2004 Fallpauschalenverordnung besondere Einrichtungen 2004
G-DRG German Diagnosis Related Groups http:// www.gdrg.de /
ICD-9-CM/3 ICD-9, Clinical Modification, Band 3 (Prozeduren) http:// www.cdc.gov / nchs / icd9.htm
IR-DRG International Refined Diagnosis Related Groups http:// www.fischer-zim.ch / text-pcssa / t-ga-H6-System-IR-0003.htm
MCC Major Comorbidity or Complication Schwerwiegende Begleiterkrankung oder Komplikation
MDC Major Diagnostic Category Hauptdiagnosekategorie
OPS-301 Operationsschlüssel nach § 301 SGB V http:// www.dimdi.de / de / klassi / prozeduren / ops301 /
PCCL Patient Clinical Complexity Level
Klinische Fallkomplexität http:// www.fischer-zim.ch / text-pcssa / t-ga-E9-System-AR-0003.htm#zimPCCL
RDRG Refined Diagnosis Related Groups http:// www.fischer-zim.ch / text-pcssa / t-ga-E3-System-RDRG-0003.htm
SwissDRG Swiss Diagnosis Related Groups http:// www.swissdrg.org /
 
 

 

 

|^·<×>·v|

4.2

Literaturverzeichnis

49

Beck et al.
2003
Beck M, Goldschmidt JW, Greulich A, Kalbitzer M, Schmid R, Thiele G [Hrsg.]. Manage­ment Handbuch DRGs. Grundwerk, Heidelberg (Economica) 2003.

50

Fetter et al.
DRGs
1980
Fetter RB, Shin Y, Freeman JL, Averill RF, Thompson JD. Casemix definition by Diagnosis Related Groups. In: Medical Care 1980(18): S1–S53.

51

Fetter et al.
DRGs
1991
Fetter RB, Brand A, Dianne G [Hrsg.]. DRGs, Their Design and Development. Ann Arbor (Health Administration Press) 1991: 341 S.

52

Fischer
PCS
1997
Fischer W. Patienten­klassifi­kations­systeme zur Bildung von Behand­lungs­fall­gruppen im stationären Bereich. Prinzipien und Beispiele. Bern und Wolfertswil (ZIM) 1997: 514 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / PCS-Buch-9701-Info.htm.

53

Fischer
DRGs im Vergleich
1999
Fischer W. Diagnosis Related Groups (DRGs) im Vergleich zu den Patienten­klassifi­kations­systemen von Deutschland und Österreich. Eine problemzentrierte Diskussion von Patienten­klassifi­kations­systemen für stationäre Akut­behandlungen im Hinblick auf deren Verwendung in Ver­gütungs­systemen. Wolfertswil (ZIM) 1999: 155 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / DRGs-im-Vergleich-9901-Info.htm.

54

Fischer
Ver­gütungs­systeme
1999
Fischer W. Ver­gütungs­systeme und deren Komponenten. In: Schweizer Spital 1999/4: 4–9. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / auszuege-pcs-diskussion / Verguetungs-System-Komponenten-9811.htm.

55

Fischer
SL/AR-DRG
2000
Fischer W. Das australische AR-DRG-System als Grundlage für ein deutsches DRG-System. In: Streiflicht Z I M 2000(8)2. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / streiflicht / ARDRGs-in-Deutschland-0007.htm.

56

Fischer
AR-DRG
2001
Fischer W. Das australische AR-DRG-System als Beispiel einer ärztlich-ökonomischen Klassifikation. In: SGMI-Proceedings, Basel 2001. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / artikel / ARDRG-0105-SGMI.htm.

57

Fischer
DRG+Pflege
2002
Fischer W. Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege. Grundlagen, Codierungssysteme, Integrationsmöglichkeiten. Bern (Huber) 2002: 472 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / DRG-Pflege-0112-Info.htm.

58

Fischer
Paarweise PCS-Vergleiche
2005
Fischer W. Paarweise Vergleiche von Patientenklassifikationssystemen. Basis-DRGs, Fraktionierungskoeffizient und Belegungsdiagramme zur Beurteilung der relativen klinischen Homogenität von DRG-Systemen. Wolfertswil (ZIM) 2005: 51 S. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / studien / PCS-Vergleiche-0511-Info.htm.

59

Fischer
«DRGs» und DRGs
2007
Fischer W. Warum viele «Diagnosis Related Groups» (DRGs) keine diagnosebezogenen Gruppen sind. Unterschiedliche finanzielle Anreize bei der Vergütung von Krankenhausleistungen inklusiv oder exklusiv der ärztlichen Leistungen. In: Streiflicht Z I M 2007(15)3. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / streiflicht / Warum-viele-DRGs-keine-DRGs-sind-0712.htm.

60

Iezzoni
Risk Adjustment
1994
Iezzoni LI [Hrsg.]. Risk Adjustment for Measuring Health Care Outcomes. Ann Arbor (Health Administration Press) 1994: 423 S.

61

Klauber et al.
KH-Report
2003
Klauber J, Robra BP, Schellschmidt H [Hrsg.]. Krankenhaus-Report 2003. Schwerpunkt: G-DRGs im Jahre 1. Stuttgart New York (Schattauer) 2003: 463 S. Info unter: http:// wido.de / khr_2003.html.

62

Mullin et al.
IR-EU
2003
Mullin RL, Flügge E, Lorenzoni L, Boucher A, Scheffer H. Über den deutschen Tellerrand gesehen: Erste europäische Studie mit einem neuen, international einsetzbaren DRG-System. In: Forum Gesund­heits­politik 2003.

63

Z I M  -  Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil (SG), Steigstrasse 12, Schweiz
E-Post: , Tel: +41 71 3900 444

 
 
Vorheriger Artikel: Inhaltsverzeichnisse: Nächster Artikel:
Grafiken für Betriebsvergleiche Artikel DRG-Ähnlichkeit
Navigations-Tabellen
Z I M - Hauptseite

©  Z I M 
Fundstelle = http://www.fischer-zim.ch/artikel/DRG-CH-Modellwahl-0404.htm
( Letztmals generiert: 23.11.2012 )