Fischer: Zentrale Themen von Patientenklassifikationssystemen.

Z I M - Auszug PCS-Buch Jan. 1997


Zentrale Themen von Patientenklassifikationssystemen

Wolfram Fischer

Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil SG (Schweiz)
http://www.fischer-zim.ch/


Auszug aus dem Forschungsbericht
Patientenklassifikationssysteme, S. 401-403
(978-3-9521232-2-5)


      
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Erweiterung der Anwendungsziele Die Entwicklung der Diagnosis Related Groups (DRGs) zeigt eine – wohl auch unter dem Einfluss alternativer Systeme – immer akzentuiertere Betonung folgender Merkmale, die im System APR-DRG der Version 12.0 ganz ausdrücklich als abzudeckende Problemkreise zusammengestellt sind:
  • Einbezug des Stadiums der Krankheit,
  • Aufbau von DRG-bezogenen Behandlungspfaden,
  • Unterstützung von Qualitätssicherungsprojekten.
Multimorbidität Patient Management Categories (PMCs) wurden primär aus klinischer – und nicht aus statistischer – Sicht gebildet. Dies hat bestimmt dazu beigetragen, dass dem Problem der Multimorbidität besondere Beachtung geschenkt wurde. Die Abbildung der Multimorbidität erfolgt hier dank des Modul-Konzeptes auf elegante Weise.
Behandlungspfade Im PMC-System wird auch darauf hingewiesen, wie wichtig die Verknüpfung von Problemen der Patienten mit Behandlungen durch die Leistungserbringer ist. Dazu wurde zu jeder Patientengruppe der typische Behandlungspfad als Leistungsbündel definiert.
Mehrere Behandlungs-
möglichkeiten pro Patientengruppe
Es gibt auch noch andere Möglichkeiten als die im PMC-System vorgeschlagenen 1:1-Verküpfungen von Patientengruppen und Behandlungspfaden: Im englischen System mit Health Benefit Groups (HBGs) und Health Resource Groups (HRGs) wurden zwei separate Systeme mit patientenbezogenen und behandlungsbezogenen Gruppen aufgebaut.1 Die HRGs sind die Namen von Patientengruppen, zu denen lokal zu definierende Behandlungspfade formuliert werden können. Bei einer HBG kann zwischen mehreren HRGs gewählt werden. Die Auswahl einer bestimmten HRG erfolgt aufgrund der konkreten Beurteilung des Behandlungsbedarfes. In der HBG-HRG-Matrix wird lediglich angegeben, mit welchen prozentualen Häufigkeiten bestimmte HRGs beim Vorliegen einer HBG durchschnittlich zur Anwendung kommen (sollten).

1 Trotz des theoretisch überzeugenden Konzeptes existieren bei den HRGs allerdings aus historischen und praktischen Gründen eine ganze Reihe von Patientengruppen, die dem Fall nicht aufgrund von Behandlungsmerkmalen (Prozeduren), sondern aufgrund von Patientenmerkmalen (Diagnosen) zugeteilt werden.
 
 
Kostengewichte bei Multimorbidität Eine besondere Herausforderung bei multimorbiden Patienten stellt die Berechnung der Fallkostengewichte dar. Im PMC-System wurde dies durch einen einfachen Algorithmus zur Verrechnung der Kostengewichte einzelner Behandlungspfadkomponenten gelöst. Die Gültigkeit dieses (analytischen) Verfahrens sollte noch genauer überprüft werden. – Eine andere Möglichkeit ist es, Kostengewichte auf der Grundlage von Regressionsrechnungen zu errechnen, z.B. so wie es bei Disease Staging getan wurde. Problematisch wird dieses Verfahren besonders bei Gruppen, die auch innerhalb grosser Stichproben nur wenige Fälle aufweisen. – Im österreichischen Modell, in dem das Kostengewicht in eine Leistungs- und eine Tageskompente aufgeteilt ist, werden im Falle von mehrfachen Prozeduren alle zutreffenden Leistungskomponenten addiert.
Sicht von Leistungs-
erbringern und Leistungs-
nachfragern
Das englische System mit HBGs und HRGs weist darauf hin, dass Leistungserbringer und Leistungsnachfrager eine unterschiedliche Sicht haben: Leistungsnachfrager interessieren sich für den ganzen Behandlungsverlauf der vorliegenden gesundheitlichen Probleme; Leistungserbringer befassen sich gewöhnlich nur mit einem Ausschnitt davon, z.B. nur mit den Behandlungen im Rahmen eines stationären Aufenthaltes.
Krankheits-
verlauf und Behandlungs-
abschnitte
Nebst der Trennung der patientenbezogenen von der behandlungsbezogenen Sicht beinhaltet das HBG-HRG-Modell auch Ansätze einerseits zur Strukturierung des Krankheitsverlaufes und andererseits zur Bildung von Behandlungsabschnitten.
Berufliche Sichten Aus der Sicht der Leistungserbringer kann die Patientenklassifikation nicht aus rein ärztlicher Sicht erfolgen. Diese Hypothese kann vielleicht für chirurgische Routinepatienten verworfen werden. Bereits bei Akutpatienten mit schwerwiegenden sekundären Problemen ist sie zu überprüfen. Ihre Richtigkeit wird in den Bereichen Psychiatrie, Geriatrie und Langzeitbehandlung, Rehabilitation wohl kaum angezweifelt werden.
Primäre und sekundäre Probleme Im Fallkosten-Modell des Kantonsspitals Aarau (PCS-KSA) wird versucht, nebst den ärztlich definierten und von der PMC-Klassifikation abgeleiteten primären Problemen auch die sekundären Probleme zu gruppieren. Die Anstösse zur Umsetzung dieser Problematik kommen hauptsächlich aus dem Bereich der Pflege. Das aus diesen Überlegungen entstandene Patientenklassifikationssystem ist mehrdimensional. Als Behandlungseinheit für primäre Probleme kann im Akutspital der Fall dienen; es werden Behandlungs-Fallpfade zusammengestellt. Sekundäre Probleme erhalten Tagespfade.
Behandlungsverlauf Im englischen HBG-HRG-Modell ist der Krankheits- bzw. Behandlungsverlauf insofern wichtig, als versucht wird, dessen Komponenten mit unterschiedlichen Patientengruppen zu beschreiben. Im Gegensatz dazu werden im PRG-Modell aus Hongkong Gruppen für ganze Behandlungsverläufe gebildet. Da diese Behandlungsverläufe sehr lang werden können, wurde die Behandlungseinheit nicht aufgrund inhaltlicher oder organisatorischer Kriterien definiert, sondern als "1 Jahr": In einer PRG (Patient Related Group) werden also alle Behandlungen (Ereignisse), die das durch die PRG definierte Gesundheitsproblem betreffen, während eines Jahres zusammengezogen.
Gemischte Tarifmodelle Das Modell des Kantonsspitals Aarau wendet eine modulartige Kostengewichtberechnung beim einzelnen Patienten an: Es ist beabsichtigt, Kostengewichte für – evtl. mehrere – primäre und für sekundäre Probleme zu berechnen. Auf welche Weise diese Kostengewichte in Tarifmodellen berücksichtigt werden, ist noch offen.
Im österreichischen LKF-Modell wird zwischen krankenhausbezogenen und patientengruppenbezogenen Kosten- bzw. Tarifkomponenten unterschieden. Zusätzlich sind die patientengruppenbezogenen Gewichte abhängig von Unter- bzw. Überschreitungen von Grenzverweildauerwerten und von den Tagen mit IPS-Behandlung. Besonders interessant ist es, dass in diesem Modell bei der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer mittels einer einfachen Formel degressive behandlungsfallbezogene Tagespauschalen errechnet werden.
Bei den englischen HRGs werden nicht nur getrennte Kostenberechnungen für stationäre Aufenthalte und für Ein-Tages-Fälle pro HRG vorgenommen, sondern seit 1996 auch separate Kostenberechnungen für elektive und Notfall-Aufnahmen. Es wird empfohlen, dass dann, wenn deren Differenz mehr als 5 % beträgt, separate Preise offeriert werden sollen.

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Fundstelle = http://www.fischer-zim.ch/auszuege-pcs-buch/PCS-Themen-9701.htm
( Letztmals generiert: 28.06.2013 )