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Im Zuge der Auseinandersetzung mit Patientenklassifikationssystemen
und deren Anwendung als Basis von Fallpauschalen wird man unweigerlich
mit der Frage konfrontiert, ob dieses Gedankengut nur deshalb
so vorherrschend ist, weil es sich um eine faszinierende Modeerscheinung
handelt.
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Instrument des New Public Management
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Faszinierend ist die Idee von patientenbezogenen
Festpreisen für Spitalaufenthalte vor allem deshalb, weil
man glaubt, dass damit endlich die Misere der ständig und
übermässig wachsenden Spitalkosten beseitigt werden
könnte. Aufgrund der schon über ein Jahrzehnt dauernden
Erfahrungen in Amerika mit diesem Instrument ist hier einerseits
eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Andererseits erscheinen
Fallpauschalen im Zuge des Aufschwungs der Ideen des New Public
Management als eines der wichtigsten Instrumente, welche eine
wirkungsorientierte Krankenhausführung überhaupt ermöglichen.
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Mangelnde Produktspezifikation?
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Meines Erachtens haben die Bestrebungen,
Patientenklassifikationssysteme und damit verbundene
Fallpauschalen einzuführen, sowohl mit einer Modewelle
zu tun wie auch mit der Einsicht, dass Verbesserungen
zumindest gegenüber der jetzigen Situation möglich
wären. Eine Gefahr für den vorschnellen Einsatz von
Patientenklassifikationssystemen sind vor allem jene Leute, die
glauben, die Produkte des Spitals seien als Patientenkategorien
klar spezifiert, die nicht sehen, dass viele Patientenkategorien
alles andere als scharf und eindeutig definiert sind. Allein
schon den Patienten die richtigen Diagnosen zuzuordnen,
ist manchmal eine höhere Kunst. Die Problematik wird
dadurch verschärft, dass aufgrund ICD-codierter Diagnosen
des öftern der Schweregrad einer Erkrankung schlecht
ersichtlich ist. In vielen Fällen ist auch allein aufgrund
der Diagnosen noch nicht bestimmbar, welche Behandlung jetzt
die optimale wäre. Daraus folgt, dass durch die Angabe
einer diagnosebezogenen Patientenkategorie die konkreten
Behandlungspfade, die letztlich die Kosten verursachen, noch
nicht bestimmt sind.
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Es ist mir deshalb ein Anliegen, dass die Mechanismen,
die hinter der Patientenklassifikation stecken, besser verstanden
werden. Erst wenn man sich auch über deren Grenzen Klarheit
verschafft hat, können Patientenklassifikationssysteme gut
und verantwortungsvoll genutzt werden.
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Beurteilung des Patientenspektrums als Ganzes
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Der Einsatz von Patientenklassifikationssystemen stellt
gegenüber dem jetzigen Zustand der Leistungsmessung
in Spitälern (Angabe der Anzahl Fälle und der
Anzahl Pflegetage) insofern eine wichtige Verbesserung dar,
als die Leistungsmessung differenzierter erfolgt. Es ist
zu unterscheiden, ob diese Messung zur Beurteilung des
Einzelfalls oder zur Beurteilung aller Fälle eines
Leistungserbringers dienen soll. Im letzteren Fall ist bereits
eine gröbere Klassifikation dienlich, denn es geht um eine
Zusammenfassung aus statistischer Sicht. Es interessiert die
"Gesamtproduktion" des Spitals. Es geht aber
nicht darum, ob jeder Einzelfall effizient behandelt wurde. Eine
solche Anwendung ist z.B. eine Budgetaufteilung nach Fällen,
die aufgrund von Patientenkategorien gewichtet worden sind. Dies
kann für gewisse Fachdisziplinen wesentlich sinnvoller sein
als eine Aufteilung nach Pflegetagen.
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Beurteilung des Einzelfalls
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Wenn es nun aber um Fragen der Vergütung des
Einzelfalles und der Beurteilung der Effizienz und evtl. der Qualität
des Einzelfalles geht, dann ist der Einsatz von stärker differenzierenden
Klassifikationssystemen nötig. Das Kriterium der klinischen
Homogenität der Patientenkategorien erhält eine entscheidende
Bedeutung. Eine erhöhte klinische Homogenität ist oft
mit einer erhöhten Kostenhomogenität verbunden, weil
aufgrund einer präziseren Spezifikation der Patientenmerkmale
auch die Auswahl der sinnvollen Behandlungsmöglichkeiten
eingeschränkt wird.
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