Z I M - Streiflicht 2007(15)1 |
Januar 2007
Letzte Änderung: 21.11.2007 |
Sprechen Sie G-DRG ? |
Wolfram Fischer
Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil SG
(Schweiz)
http://www.fischer-zim.ch/
G-DRG 2007: Statistische Optimierung zu Lasten fachsprachlicher Verständlichkeit
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1 Vgl. Fischer [PCS, 1997]. |
Ein Patientenklassifikationssystem1 schafft eine sprachliche Verständigungsbasis zwischen Management und Klinik: Mit einer solchen Liste von «Produkten des Krankenhauses» kann man aus klinischer Sicht grob beschreiben, was man tut. Aus ökonomischer Sicht kann man über die Kosten diskutieren und Vergütungen verhandeln. – Was aber, wenn die Beschreibungen dieser Produkte des Krankenhauses unverständlich sind? |
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2 Vgl. Schlottmann N et al. [G-DRGs 2007, 2006]: 939 und Tuschen [G-DRGs 2007, 2006]: 622. 3 Vor Ausschluss der Ausreisser betrug die Varianzreduktion bezüglich der Fallkosten immer noch stolze 71 %. |
Einmalig hoher Erklärungsgrad der Kosten |
Bei der Vorstellung des deutschen GDRG-Systems 2007 wurde betont, dass es erneut «umfassend umgebaut» worden sei, was zu einer «deutlich erhöhten Abbildungsgenauigkeit» geführt habe.2 Tatsächlich wurde ein sonst von keinem DRG-System erreichter Erklärungsgrad der Kosten von 80 % nach Ausschluss der Ausreisser erreicht.3 Dabei liegt die Anzahl an definierten Patientenkategorien mit nunmehr 1'082 GDRGs durchaus noch im Rahmen. |
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Einerseits ist die gelungene Arbeit der GDRG-Verfeinerung bewundernswürdig, andererseits stellt sich aber doch auch die Frage, ob diese guten statistischen Werte erkauft werden mussten. |
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Zusatzentgelte zur Abfederung |
Bestimmt trug die Abfederung der Vergütung durch Ausgliederung von momentan 105 Zusatzentgelten zum guten Resultat bei. – Zusatzentgelte sind m. E. ein probates Mittel, um mit besonderen Kosten, die nur von Fall zu Fall vorkommen, umzugehen. |
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4 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Methode, mit welcher neue DRGs und mögliche Splits berechnet werden, für die definitive Wahl von Splitkriterien oft einigen Spielraum offen lässt. Dies entschärft zwar die Frage der notwendigen Neudefinition von Splits, kann aber längerfristig zu ziemlich willkürlich definierten DRGs führen. |
Allzu passgenau bezüglich der aktuellen Kostendaten? |
Heikler ist die Frage, ob die aktuellen Splits wieder korrigiert werden müssten, wenn neue Daten die Datenlage der Kostendatenbank verändern.4 |
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GDRG-Bezeichnungen werden immer länger. |
Wenn man die GDRG-Listen durchblättert und noch mehr, wenn man mit den GDRG-Bezeichnungen in Texten und statistischen Auswertungen arbeiten sollte, fällt einem auf den ersten Blick auf, dass die Bezeichnungen im Durchschnitt immer länger zu werden scheinen. |
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5 Mehrere aufeinander folgende Konjunktionen wurden als eine gezählt. 6 Zur Verwendung von Konjunktionen in anderen DRG-Systemen vgl. Fischer [DRG Labels, 2007]. |
Im gleichen Zug nimmt auch die Anzahl verwendeter Konjunktionen von Jahr zu Jahr zu. [Tafel 1] Konjunktionen wie «und», «oder», «mit», «ohne», «ausser» und auch Kommas und Schrägstriche5 erlauben es, Behandlungen mit verschiedenen klinischen Bezeichnungen in einer DRG zusammenzufassen.6 |
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Tafel 1: GDRG-Bezeichnungen nach Anzahl Konjunktionen |
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7 Ein weiteres Beispiel mit verworrener Logik ist B71C: «Erkrankungen an Hirnnerven und peripheren Nerven mit komplexer Diagnose, außer bei Para- / Tetraplegie, ohne schwere CC oder ohne komplexe Diagnose, mit äußerst schweren oder schweren CC außer bei Para- / Tetrapl. oder ohne schwere CC bei Para- / Tetrapl.» 8 Falls mein Verständnis der Texte richtig ist, müsste P67D – in Abgrenzung zu P67B und P67C – bezeichnet werden als: «Neugeborenes . . . ohne schweres Problem oder ohne anderes Problem oder (ohne schweres Problem aber mit (anderem Problem und nur einem Belegungstag))», wobei die Klammern als logische Klammern dienen. 9 Da G07A bis auf die Einschränkung «Alter < 3 Jahre» gleich wie G07B formuliert ist, gehe ich davon aus, dass sich die Altersrestriktion auf alle genannten Eingriffe bezieht und nicht nur auf die «kleinen Eingriffe an Dünn- und Dickdarm». Die Bezeichnungen von G07B und G07A sind für sich allein genommen nicht eindeutig interpretierbar. |
Schlecht verständliche Bezeichnungen |
DRG-Bezeichnungen, die immer mehr Konjunktionen enthalten, sind aber nicht nur unpraktisch. Bei näherem Hinsehen erkennt man auch, das es dadurch immer mehr unklar benannte oder sogar unverständliche Bezeichnungen gibt. Dies hat folgende Gründe:
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10 Ursprünglich stammte diese Idee von Systemen mit systematisch definierten Splits. Beispiele dazu sind das RDRG-System oder das APR-DRG-System. 11 Ein Komentar, in dem die GDRGs möglichst nach Basis-GDRGs gesammelt wurden, ist z. B.: Bartkowski et al. [G-DRG 2006, 2006].
12
B06A lautet:
«Eingriffe bei zerebraler Lähmung,
Muskeldystrophie
oder Neuropathie,
Alter < 19 Jahre
oder mit schweren CC,
Alter < 16 Jahre»
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Hürdenreiche Suche nach Basis-DRGs |
Die im ARDRG-System einst beinahe vorbildlich eingeführte Trennung von Basis-DRGs und DRGs (mit oder ohne Splits)10 wird zunehmend verwässert.
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13 Im ARDRG-System wurden solche Klammern benutzt. Vgl. z. B. AR4-E66B: «Major Chest Trauma (Age<70 W CC) or (Age>69 W/O CC)». 14 Ein Beispiel eines zweistufigen Patientenklassifikationssystems im Kleinen ist das TAR-System zur Klassifikation der täglichen Pflegekosten der neurologischen Rehabilitation. Vgl. die TAR-FIM-Klassen und die Pflegekostenkategorien in: Fischer et al. [TAR und Reha-PCS, 2006]: 18 ff. 15 http:// www.bmg.gv.at / home / Schwerpunkte / Krankenanstalten /. 16 Gonella et al. [Disease Staging, 1984]. 18 Vgl. The Casemix Service [HRG4/Unbundling, 2007] und The Casemix Service [HRG4/Design, 2007]. 19 Vgl. Fischer [DRG+Pflege, 2002]. |
Lösungansätze |
Ansätze, um aus der Problematik herauszufinden, könnten sein:
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Zusammenfassende Schlussbemerkung |
Wenn ein DRG-System nicht nur in statistischen Abteilungen, sondern auch im klinischen Alltag Diskussionsgrundlage in Gesprächen zwischen Klinikern und Managern sein soll, dann ist es nötig, dass die DRG-Bezeichnungen verständlich sind. Die Verständlichkeit der GDRG-Bezeichnungen nimmt zusehends ab. Es ist nötig, dass die Bezeichnungspraxis überdacht wird. |
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Literaturverzeichnis |
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Bartkowski R, Bauer H, Witte J. G-DRG. Praxiskommentar zum Deutschen Fallpauschalen-System. Mit 3. Ergänzungslieferung, Landsberg (Ecomed) 2006. | |||
Fischer W. Patientenklassifikationssysteme zur Bildung von Behandlungsfallgruppen im stationären Bereich. Prinzipien und Beispiele. Bern und Wolfertswil (ZIM) 1997: 514 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / PCS-Buch-9701-Info.htm. | |||
Fischer W. Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege. Grundlagen, Codierungssysteme, Integrationsmöglichkeiten. Bern (Huber) 2002: 472 S. Auszüge: http:// www.fischer-zim.ch / studien / DRG-Pflege-0112-Info.htm. | |||
Fischer W, Blanco J, Mäder M, Zangger P, Conti FM, et al.. Das TAR-System und andere Patientenklassifikationssysteme für die Rehabilitation. TAR-Forschungsbericht und Kurzbeschrieb von Systemen aus Deutschland, Frankreich, Australien und den USA. Wolfertswil (ZIM) 2006: 89 S. Info: http:// www.fischer-zim.ch / studien / TAR-RehaPCS-0607-Info.htm. | |||
Fischer W. Do You Speak DRG ?. Measuring the Complexity of Labels of Medicare DRGs, AR-DRGs, and G-DRGs by Counting Conjunctions. In: Proceedings of the 23rd PCSI International Working Conference, Venezia 2007. Internet: http:// www.fischer-zim.ch / paper-en-pdf / DRG-Labels-0711-PCSI.pdf. | |||
Gonella JS, Hornbrook MC, Louis DZ. Staging of Disease. A Case-Mix Measurement. In: JAMA 1984(251)5: 637–644. | |||
Schlottmann N, Fahlenbach C, Brändle G, Wittrich A. G-DRG-System 2007. Abbildungsgenauigkeit deutlich erhöht. In: Das Krankenhaus 2006: 939–951. | |||
The Casemix Service. HRG4 Design Concepts. (NHS Information Centre) 2007: 38 S. Internet: http:// www.ic.nhs.uk / webfiles / Services / casemix / Prep%20 HRG4 / HRG4%20 design%20 concepts%20 a.pdf. | |||
The Casemix Service. HRG4 Guide to Unbundling. (NHS Information Centre) 2007: 40 S. Internet: http:// www.ic.nhs.uk / webfiles / Services / casemix / Prep%20 HRG4 / Guide%20 to%20 Unbundling2.pdf. | |||
Tuschen KH. Das G-DRG-System 2007. Die Abbildungsqualität ist deutlich gestiegen. In: Führen und Wirtschaften im Krankenhaus 2006(23)6: 622–626. |
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