Z I M «Pflegediagnosen» (2. Auflage) Kapitel 2.2 | 1999 |
2.2
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Wolfram Fischer
Zentrum für Informatik und wirtschaftliche Medizin
CH-9116 Wolfertswil SG
(Schweiz)
http://www.fischer-zim.ch/
Seiten 15-18 aus:
Pflegediagnosen in Gesundheitsökonomie und Gesundheitsstatistik
978-3-905764-00-8
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Ich füge hier einige Beobachtungen aus einer Pflegeaufwandstudie aus St. Gallen ein. Sie zeigen beispielhaft, dass die Pflegeleistungen trotz gleichen ärztlichen Diagnosen und Prozeduren zum Teil relativ stark schwanken. Die Studie wurde 1996/97 am Kantonsspital St. Gallen (KSSG) unter Leitung von Frau N. Mösli durchgeführt.1 Studien solcher Art wird es in der Schweiz in nächster Zeit im Zusammenhang mit der Diskussion um die allfällige Einführung von Fallpauschalen auf der Basis von DRGs bestimmt noch mehr geben. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1 KSSG (Pflegeaufwand/Dg, 1997). | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Datenmaterial | Zu 11 häufigen Diagnosen bzw. Eingriffen (Abb. 6) wurden Daten von 355 stationären Behandlungen zwischen Mai und Dezember 1996 in mehreren Kliniken erhoben. Erhoben wurden u.a. Diagnosen und Nebendiagnosen und der Pflegeaufwand, gemessen mit LEP.2 Ebenfalls erfasst wurden wesentliche Gründe, die nach Meinung der Ärzte zu Abweichungen der Aufenthaltsdauer über einen von ihnen vorgeschlagenen typischen Bereich je Diagnose bzw. Eingriff führten. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2 LEP = Leistungserfassung in der Pflege. Vgl. Güntert/Maeder (SEP); http:// www.lep.ch /. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Abb. 6: KSSG-Studie: Ausgewählte Fallgruppen |
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Ausgewählte Resultate |
Die Auswertung der Studie erfolgte nach sehr vielen Gesichtspunkten.
Hier möchte ich nur auf einen Aspekt davon eingehen, nämlich
auf die Frage: Wie gut kann der durchschnittliche Pflegeaufwand aus der
Kenntnis der Diagnose bzw. des Eingriffes erklärt werden?
Als Mass für die Streuung habe ich die Variationskoeffizienten errechnet.3 In Abb. 7 sind die Werte der Variationskoeffizienten in den mit "CV" überschriebenen Spalten zu finden. Werte über 0.5 sind fett und mit einem "+" markiert. Dies sind relativ hohe Werte. Variationskoeffizienten unter 0.3 sind kursiv und mit einem "*" markiert. Solche Werte können aus statistischer Sicht als gut bezeichnet werden. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
3 Der Variationskoeffizient berechnet sich als Standardabweichung (Std.-Abw.) dividiert durch den arithmetischen Mittelwert. Er ist ein Mass für die Streuung innerhalb einer Gruppe. Innerhalb des Bereiches des Mittelwertes ± 1 Standardabweichung liegen aus statistischer Sicht 68%, d.h. ca. 2/3 der Stichprobenwerte. Wenn nun der Mittelwert im Falle der Totalprothese am Knie bei 57 Pflegestunden pro Fall liegt und die Standardabweichung 17 Stunden beträgt, dann befinden sich die Pflegezeiten von schätzungsweise 2/3 der Fälle zwischen 57 ± 17 Stunden, also zwischen 40 und 74 Stunden. Im Weiteren liegen aus statistischer Sicht ca. 96% der Fälle zwischen 57 ± (2 x 17), also zwischen 13 und 91 Stunden. Der Variationskoeffizient beträgt 17.4 / 57.0 = 0.31. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Abb. 7: KSSG-Studie: Kennzahlen |
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Abb. 8: KSSG-Studie: Pflegeaufwand in Stunden | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Abb. 9: KSSG-Studie: Streuung des Pflegeaufwandes (VK = Variationskoeffizient) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Relativ kleine Streuungen sind bei Cholecystolithiasis und bei Gastric
Banding festzustellen. Wenn dies auch bei Untersuchungen mit mehr
Patienten so bleibt, besteht hier aus ökonomischer Sicht kein
Bedarf, nebst Diagnose und Eingriff zusätzliche Kriterien zur
Erklärung des Pflegeaufwandes beizuziehen.
Auffallend grosse Streuungen sind bei der Hysterektomie, bei der Inguinalhernienoperation und bei der transurethralen Prostatektomie (TUR-P) festzustellen. Allerdings war die Stichprobengrösse für die Hysterektomie so klein, dass die grosse Streuung auch zufälligerweise entstanden sein könnte. Bei der Inguinalhernienoperation und bei TUR-P stellt sich nun aber die Frage, ob sich die Streuungen bei einer Aufteilung der Gruppen in Abhängigkeit vom Schweregrad der Begleiterkrankungen wesentlich verkleinern würden. Es könnte aber sehr wohl auch sein, dass die Abweichungen vom typischen Pflegeaufwand durch bestimmte Pflegeprobleme verursacht worden sind, welche nicht direkt mit der Diagnose oder dem Eingriff zusammenhängen. In jenen Fallgruppen, wo die Aufenthaltsdauer in etwa in gleichem Masse variiert wie der Pflegeaufwand pro Fall, wird der durchschnittliche Pflegeaufwand pro Tag nicht allzusehr schwanken. Die Variation des Pflegeaufwandes pro Fall ist dann hauptsächlich auf die Aufenthaltsdauer zurückzuführen. Beispiele dazu sind: Cholecystolithiasis, Gastric Banding und Hysterektomie. - Im Gegensatz dazu zeigt das Beispiel der transurethralen Prostatektomie, dass es auch Fallgruppen gibt, bei denen die Aufenthaltsdauern in viel kleinerem Ausmass variieren als der Pflegeaufwand in Stunden. |
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Fundstelle =
http://www.fischer-zim.ch/text-pdg/Pflege-Diagnosen-22-Pflege-Aufwand-Studie-KSSG-9907.htm
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