Fischer: Einführung und Nutzung von Patientenklassifikationssystemen in Krankenhäusern.

Z I M - Studie (Arbeitspapier im Auftrag des BSV) BSV+Z I M Nov. 1997

Zur Einführung und Nutzung von Patientenklassifikationssystemen
in Krankenhäusern

Wolfram Fischer

Zentrum für Informatik
CH-9014 St. Gallen (Schweiz)
http://fischer-zim.ch/


Anregungen für eine Umfrage und Einzelstudien
zur Einführung und Nutzung von
Patientenklassifikationssystemen in Krankenhäusern

Ein Arbeitspapier erstellt im Auftrag des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV)

GESAMTER TEXT
 

[ Kurzbeschreibung | Ankündigung im "Streiflicht" ]

Inhalt (Überblick)

  1. Einleitung
  2. Implementation
  3. PCS-Inhalt
  4. PCS-Konstruktion
  5. PCS-Kennzahlen
  6. Interne und externe Anwendungen
  7. Umsetzung: Vorschläge für Befragungen und Studien
  8. Verzeichnisse
 
 

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Implementation
  3. PCS-Inhalt
  4. PCS-Konstruktion
  5. PCS-Kennzahlen
  6. Interne und externe Anwendungen
  7. Umsetzung: Vorschläge für Befragungen und Studien
  8. Verzeichnisse
 
 

Abkürzungen

ADL Activities of Daily Living
AMA American Medical Association
AP-DRG All Patient Diagnosis Related Groups
APR-DRG All Patient Refined Diagnosis Related Groups
BFS Bundesamt für Statistik
BSV Bundesamt für Sozialversicherung
CPT Current Procedural Terminology
DRG Diagnosis Related Groups
FIM Functional Independence Measure
ICD-9 Internationale Klassifikation der Krankheiten, 9. Revision
ICD-9-CM ICD-9, Clinical Modification: Amerikanische Version der ICD-9, ergänzt um Band 3 (Prozeduren)
ICD-10 Internationale Klassifikation der Krankheiten, 10. Revision
ICD-10-PCS ICD-10 Procedure Coding System
ICIDH International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps
KSA Kantonsspital Aarau
KVG Krankenversicherungsgesetz vom 18.3.1994
KVV Verordnung über die Krankenversicherung vom 27.6.1995
LEP Leistungserfassung in der Pflege
MDC Major Diagnostic Category
PCS Patientenklassifikationssystem
PMC Patient Management Categories
PRN Projet de Recherche en Nursing



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1

Einleitung

1.1

Hintergrund dieser Arbeit

KVG und BSV Die Umsetzung des neuen Krankenversicherungsgesetzes (KVG) stellt alle Partner im Gesundheitswesen vor grosse Herausforderungen. Auf der Seite des Bundes hat sich insbesondere auch das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) der Sache anzunehmen.
Wirkungsanalyse Gemäss der Verordnung über die Krankenversicherung hat das BSV "wissenschaftliche Untersuchungen über die Durchführung und die Wirkungen des Gesetzes" durchzuführen: "Diese Untersuchungen haben den Einfluss des Gesetzes auf die Situation und das Verhalten der Versicherten, der Leistungserbringer und der Versicherer zum Gegenstand. Insbesondere ist zu untersuchen, ob die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Grundversorgung gewährleistet ist und die sozial- und wettbewerbspolitischen Zielsetzungen des Gesetzes erreicht werden."1 Somit hat das BSV zu Themen wie: Tarife, Leistungsstatistik, Betriebsvergleiche, Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit Leistungen des Gesundheitswesens Stellung zu nehmen.

1 KVV Art. 32 Wörtlich zitiert wurde Abs. 2.
 
 
Bundesstatistiken Ein wichtiger Baustein im neu gestalteten "Zusammensetzspiel" des Gesundheitswesens sind die neuen, für alle betroffenen Betriebe obligatorischen Statistiken der stationären Betriebe des Gesundheitswesens. In diesem Jahr wurden vom Bundesamt für Statistik (BFS) die Detailkonzepte dazu herausgegeben.2 In den Spitälern und von den Softwarefirmen wird deren Implementation vorbereitet und durchgeführt.

2 BFS-CH (Krankenhausstatistik), (Medizinische Statistik), (Statistik d. Soz. med. Institutionen) und (Datenschutz).
 
 
Aufgabenstellung In diesem Arbeitspapier werden hauptsächlich folgende Teilaufgaben einer Wirkungsanalyse im Sinne von KVV Art. 32 angegangen:
  • Wie hat das Gesetz mit der Vorschrift, eine Medizinische Statistik zu führen, die Situation und das Verhalten der Spitäler (Leistungserbringer) beeinflusst?

  • Die Medizinische Statistik wurde so definiert, dass damit Leistungen der Spitäler in Form von Behandlungsfallgruppen (z.B. DRGs) gemessen werden können. Die Möglichkeit, die Produkte des Krankenhauses zu beschreiben, ist eine der wesentlichen Voraussetzungen, um die wettbewerbspolitischen Zielsetzungen des Gesetzes zu erreichen, insbesondere dafür, dass sich die Preise unter möglichst marktähnlichen Bedingungen bilden. Leistungsstatistik und Betriebsvergleiche hängen ebenfalls davon ab. Es stellt sich die Frage, ob die anzuwendenden Systeme zur Bildung von Behandlungsfallgruppen die Produkte des Spitals im Hinblick auf diese Aufgaben in geeigneter Weise beschreiben.
 
 

1.2

Medizinische Statistik und Patientenklassifikation

DRG's und die Schweiz Bekanntlich besteht ein wichtiges Ziel der neuen Medizinischen Statistik der Krankenhäuser darin, Diagnose- und Operationscodes so zu sammeln, dass damit - entsprechend dem amerikanischen Muster - Patientengruppen nach Diagnosis Related Groups (DRG\'s) oder anderen Patientenklassifikationssystemen gebildet werden können.
Akutspitäler und andere Die Hauptanstrengungen beziehen sich dabei auf die stationären Abteilungen der Akutkrankenhäuser: Das DRG-System und dessen Verwandten sind Methoden zur Klassifikation von stationären Akutpatienten. Psychiatrische Patienten wurden im DRG-System zwar abgebildet, jedoch ohne Erfolg; für Rehabilitationspatienten gibt es eine einzige Gruppe; Patienten der Geriatrie werden nicht speziell behandelt.3

3 Mögliche Ausnahme: Geriatrische Patienten werden zumindest bei der DRG-Variante AP-DRG (All Patient DRGs) vermehrt in den Sammelgruppen mit gravierenden Komplikationen oder Begleiterkrankungen ("Major CCs") zu finden sein.
 
 
PCS-Forschungsbericht In meinem Forschungsbericht Nr. 1/97 über Patientenklassifikationssysteme zur Bildung von Behandlungsfallgruppen im stationären Bereich wurden verschiedene etablierte und neuere Patientenklassifikationssysteme beschrieben. Dabei wurden einige theoretische Fragen aufgeworfen. Zum jetzigen Zeitpunkt steht die Implementation der Instrumente an, welche die Bildung von Behandlungsfallgruppen ermöglichen. Dies sind einerseits Codierungssysteme wie ICD-10 und ICD-9-CMICD-9-CM, Band 3. Andererseits sind es Gruppierungsprogramme - sogenannte "Grouper" - z.B. für Diagnosis Related Groups [DRG], Patient Management Categories [PMC] oder andere Patientenklassifikationssysteme.
Vorschläge
für weitere Studien
In diesem Arbeitspapier geht es nun darum, Fragestellungen aufzuwerfen, die es erlauben, den Fortschritt und die aktuelle Situation der Implementation der Medizinischen Statistik zu beurteilen. Ebensowichtig ist es, danach zu fragen, ob die geplanten Instrumente - insbesondere Patientenklassifikationssysteme -für die vorgesehenen Aufgaben geeignet sind bzw. welche Modifikationen oder Ergänzungen evtl. nötig sind. Dazu sind Interviews mit ausgewählten Repräsentanten der Spitäler vorgesehen. Mit einer breit gestreuten Umfrage sollen der Stand der Dinge und die wichtigsten Probleme der Gesamtheit der Spitäler in Erfahrung gebracht werden. Zu bestimmten Themen, die zwar heftig diskutiert werden, aber noch ungenügend erforscht sind, werden im Weiteren Einzelstudien vorgeschlagen.
 
 

1.3

Überblick

Die Fragen zur PCS-Einführung und Nutzung werden in folgender Reihenfolge aufgerollt:
Implementation Implementation:
  • Medizinische Statistik
  • Patientenklassifikationssystem (PCS)
Inhalt Inhalt des PCS:
Werden mit dem gewählten PCS die Leistungen des Krankenhauses sinnvoll beschrieben? Ist der Detaillierungsgrad angemessen? Wie steht es mit der klinischen und kostenmässigen Homogenität der Behandlungsfallgruppen?
Konstruktions-
prinzipien
Konstruktionsprinzipien des PCS:
Müssen die Konstruktionsprinzipien des gewählten PCS überdacht werden? Welche kostenrelevanten Patienten- und/oder Behandlungsmerkmale müssen allenfalls zusätzlich berücksichtigt werden? Genügen ärztliche Daten oder ist auch die Erhebung von Daten der Pflege nötig? Sind die vorgeschlagenen Falldefinitionen für stationäre, teilstationäre und ambulante Patienten geeignet zur Bildung von kostenhomogenen Gruppen?
Kennzahlen Kennzahlen des PCS:
Entsprechen die dem PCS beigegebenen Kennzahlen wie Kostengewicht, mittlere Aufenthaltsdauer und Grenzverweildauer den tatsächlichen bzw. den anzustrebenden Gegebenheiten?
Anwendungen PCS-Anwendungen:
Für welche internen und externen Anwendungen ist das PCS geeignet, für welche nicht?
 
 

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2

Implementation

2.1

Implementation der Medizinischen Statistik

2.1.1

Umsetzbarkeit der Vorgabes des BFS

Im Rahmen der Medizinischen Statistik geben die Spitäler firmeninterne Informationen an staatliche Stellen weiter. Die Vorgaben des BFS sind umfangreich. Der Aufwand der Spitäler zu deren Umsetzung ist entsprechend gross. Damit die Spitäler motiviert sind, muss den in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten auch ein Nutzen gegenüberstehen.
Fragen:
  • Wird die Führung einer Medizinischen Statistik der Schweiz als sinnvoll erachtet? Welche Zielanwendungen sind besonders wichtig? (Betriebsvergleiche, Leistungsstatistik, Tarifverhandlungen, epidemiologische Studien, . . . )  
     
  • Konnten/können die Vorgaben des BFS insgesamt umgesetzt werden?  
     
  • Gibt es grundsätzliche Probleme/Hindernisse?  
     
  • Ist ein angemessener Datenschutz gewährleistet? Gibt es noch ungelöste Probleme?  
     
  • Worin besteht die hauptsächliche Motivation zur Teilnahme? (Gesetzliche Vorschrift, eigene Vorteile, . . . )
 
 

2.1.2

Verbindung mit der Patientendokumentation

Keine
separate
Erfassung
Ein wichtiges Prinzip von Patientenklassifikationssystemen besteht darin, dass die Gruppenzuordnung aufgrund der bereits vorhandenen Daten erfolgt. Diesem Prinzip widerspricht eine separate und zusätzliche Erfassung der klinischen Informationen für den Minimaldatensatz. Idealerweise werden die für die Medizinische Statistik benötigten Daten aus der elektronisch aufbereiteten Patientendokumentation automatisch extrahiert. Dies bedeutet konkret, dass Diagnosen und Operationen bereits beim Eintrag in die Krankengeschichte oder in den Austrittsbericht des Arztes codiert werden. Die weiteren Daten, die für die Medizinische Statistik benötigt werden, können aus der Patientenadministration gezogen werden.
Eigene Nutzung
der Daten
Wenn die ärztlichen Codes in der Patientendokumentation verfügbar sind, dann ist es - eine flexible Software(firma) vorausgesetzt - ein leichtes, die Daten auch in eigenen Studien zu verwenden.
Frage:
  • Werden die klinischen Daten im Rahmen der Patientendokumentation oder gesondert erhoben? Welche Erfahrungen wurden dabei gemacht?
 
 

2.1.3

Codierungssysteme und Codierungsqualität

In der Medizinischen Statistik werden als Codierungssysteme die ICD-10 für Diagnosen und die ICD-9-CM, Band 3, für Operationen verwendet. Da Diagnosen und Operationen die hauptsächlichen klinischen Informationen sind, die in den Minimaldatensatz einfliessen, steht und fällt die Qualität der Auswertung der Medizinischen Statistik mit der Qualität der Codierung.
Fragen:
Implementation
  • Ist das Schulungsangebot angemessen?  
     
  • Welche Codierungsunterstützungssysteme werden eingesetzt? (Stärken / Schwächen / Grundsätzliche Probleme?)  
     
  • Wie geht man mit fehlenden Codierungsmöglichkeiten um?

4 H+ Spitalstatistiken, Kodierungssekretariat, Zähringerstr. 33, 3012 Bern. CodeInfo@hplus.ch.
Validität
  • Welche Krankheitsbilder/Operationen werden gut abgebildet, welche zu wenig differenziert? Gibt es störende Ungenauigkeiten?  
     
  • Welche (neuen) Krankheitsbilder/Operationen fehlen?  
     
  • Gibt es störende Inkonsistenzen der Klassifikationssystematik?  
     
  • Gibt es Doppeldeutigkeiten?5  
     
  • Sind die den einzelnen Codes zugeordneten Texte genügend klar?6  
     
  • Sind internationale Vergleiche wichtig? Welcher Art sind solche Vergleiche?  
     
  • Ist die Kompatibilität zu den eingesetzten Versionen der Codierungssysteme anderer Länder zufriedenstellend?
    • Überarbeitete Version der ICD-10 in Deutschland, evtl. ICD-10-CM in den USA.7
    • Jährlich Revisionen der ICD-9-CM, Band 1 und 3, in den USA.8
    • ICD-9-CM/3-Versionen europäischer Länder (z.B. Belgien, Portugal, Irland, usw.).
    • Neue amerikanische Prozedurenklassifikation ICD-10-PCS9, die die Feldtests allerdings noch vor sich hat.10
    • Andere Klassifikationen, die noch verwendet werden (ICD-9, ICPM/GE [Deutschland], CPT-4, . . . ).

5 Beispiele, die die Firma ID - Information und Dokumentation im Gesundheitswesen, Berlin, unter Beizug des Analysesystem ID DIACOS, entdeckt und mir für diese Arbeit freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, sind:
  • Unterschiedlich codierte Synonyme:
    Perikardiolyse (in 37.12) und Adhäsiolyse am Perikard (in 37.31)
    Sehnentransplantation: 83.81 und in 83.88
  • Missverständliche bzw. ungenaue Formulierungen:
    Dilatation am Harnblasenhals (57.92) und Dilatation am Blasenhals (in 58.6)
    Operation nach Watson-Jones: in 81.49 und in 83.88
  • Unvollständige Texte:
    In 38.33 fehlt "mit Anastomose" (vgl. dazu aber 38.43); in 38.42 fehlt "mit Ersatz"; dito bei den Inklusiva von 38.3 und 38.4, wo jeweils nur "Angiektomie" eingetragen ist.
  • Differenzen der deutschen und französischen Ausgabe:
    Sonstige plastische Rekonstruktion des Augenlids: 08.7 und 08.8,
    im Unterschied zu: Autre reconstruction (08.7) / réparation (08.8) de paupière.
  • Inkonsistenzen zwischen Erläuterung und bezeichnendem Text:
    38.8: Exkl. V. cava (soll unter 38.7 codiert werden)
    Aber: 38.85: . . .  V. cava superior, und: 38.87: . . .  V. cava inferior.
6 In der ICD-10 gibt es auf der Ebene der vierten Stelle eine grosse Anzahl von Codes mit gleichen Texten, insbesondere Lokalisationsangaben: Z.B. "Bronchus und Lunge" bei D02.2, D14.3 und ähnlich in C34.0, C34.1, usw., D38.1; nicht aber in C78.*. Währenddem diese Art der Bezeichnungen im Kapitel II (Neubildungen, C00-D48) häufig vorkommt, wurden die Bezeichnungen von Verletzungen im Kapitel XIX (S00-T35) weitgehend ausformuliert. Vgl. auch Fischer (PCS): 114f.
7 AMA: (Procedural Terminologies):iv: Feldtest von ICD-10-CM war ursprünglich für 1998 geplant. Infolge des neuen Gesetzes HIPAA (Health Insurance Portability and Accountability Act, 1996) stehen diese Pläne wieder zur Diskussion (Stand der Informationen: April 1997).
8 Die aktuelle in der Schweiz einzusetzende Version der ICD-9-CM/3 (Ausgabe 1, 1996) basiert auf der "Forth Edition" der amerikanischen ICD-9-CM/3 in der für das Jahr 1994 gültigen Version. In Amerika gibt es jedes Jahr eine neue Ausgabe.
9 Es steht in Amerika zur Diskussion, ob die Prozedurenklassifikation ICD-10-PCS (PCS heisst hier Procedure Classification System) mit "vielleicht bis zu 150'000 neuen Codes" [AMA: (Procedural Terminologies)] evtl. ab dem Jahr 2001 die ICD-9-CM/3 ablösen soll. Vgl. auch Fischer (PCS): 112f.
10 Vgl. AMA: (Procedural Terminologies): 16f.
Reliabilität
  • Wie wird in der Klinik sichergestellt, dass die Codierungsregeln korrekt und innerhalb der Klinik einheitlich angewendet werden?  
     
  • Werden interne Auswahllisten verwendet (z.B. Hitlisten mit den häufigsten verwendeten Codes)? Welche Erfahrungen hat man dabei gemacht?  
     
  • Wie wird der Umgang mit den nicht-spezifischen Codes gehandhabt?11 (Je mehr solche Codes verwendet werden, desto ungenauer wurde codiert.)

11 Nicht-spezifische Codes sind z.B.: "Sonstige (näher bezeichnete) . . . ", ". . . , nicht näher bezeichnet", "o.n.A.", "n.n.bez.".
 
 
 
 

2.1.4

Feedback des BFS und der kantonalen Sammelstellen

Eine Statistik wird bedeutend besser akzeptiert, wenn nicht nur Daten abgeliefert werden müssen, sondern wenn auch die Datenempfänger helfen, die Datenqualität sicherzustellen, und wenn es ein interessantes Feedback gibt.
Fragen:
Datenkontrolle
  • Werden die Daten genügend gut überprüft? Ist somit aus technischer Sicht eine möglichst gute Codierungsqualität sichergestellt?
    • Plausibilitätskontrollen
    • Stichproben
  • Erfolgt die Bearbeitung von Datenfehlern effizient? Welche Verbesserungen sind denkbar?
Datenauswertung
  • Werden nützliche Auswertungen an die Kliniken geliefert? Gibt es Anregungen für Verbesserungen/Ergänzungen? Welche Informationen wären im Rahmen von anonymisierten Betriebsvergleichen12 besonders nützlich?

12 In anonymisierten Betriebsvergleichen wird für jeden Betrieb eine spezifische Auswertung erstellt. Darin werden die Daten des einzelnen Betriebes den aggregierten Daten aller Betriebe gegenübergestellt. Jeder Betrieb kennt somit seine Stellung innerhalb des Gesamtgefüges.
 
 
 
 

2.1.5

Kosten der Implementation

Ein Projekt wie die Medizinische Statistik es ist, macht nur dann Sinn, wenn die Kosten für die Partner tragbar bleiben.
Fragen:
  • Welche Kosten sind pro Arztstelle und/oder pro Codierungsarbeitsplatz angefallen? Hat sich die Investition gelohnt?  
     
  • Wie hoch sind die auf 5 Jahre amortisierten Investitionskosten und die jährlichen Betriebskosten umgelegt auf den einzelnen Pflegetag?  
     
  • Handelt es sich dabei um Teilkosten eines umfassenderen Projektes? Oder wurde eigens für die Medizinische Statistik ein Projekt durchgeführt?  
     
  • Wie sollten Ihres Erachtens die Kosten auf die Partner des Projektes "Medizinische Statistik" verteilt werden?
 
 

2.2

Implementation des Patientenklassifikationssystems

PCS für die Schweiz? Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht bestimmt, welches Patientenklassifikationssystem in der Schweiz zum Einsatz kommen soll. Es ist jedoch so, dass die Medizinische Statistik nach jenem Schema aufgebaut ist, das in der Zwischenzeit von den meisten Länder übernommen wurde und das erlaubt, Patientenklassifikationssysteme nach amerikanischem Muster anzuwenden.
Klinische Informationen Für die Medizinische Statistik wurden also als primäre klinische Informationen Diagnose- und Operationscodes verlangt. Dass damit nun existierende Patientenklassifikationssysteme - insbesondere eines der DRG-Systeme - angewendet werden können, war einer der wesentlichen Gründe für die Wahl der Codierungssysteme ICD-10 und ICD-9-CM, Band 3.
DRGs und die Schweiz Eine Gruppe von Spitälern hat sich Ende 1996 auf Initiative von Dr. Charles Kleiber - dem damaligen Präsidenten der Schweizerischen Kommission für Gesundheitsstatistik - zusammengefunden und beschlossen, die DRG-Variante AP-DRG\'s (All Patient Diagnosis Related Groups) in Feldtests zu evaluieren, mit schweizerischen Kostengewichten zu versehen und "auf den Beginn des nächsten Jahrtausends" als Basis für die "Einführung eines Punkttarifs pro Behandlungsfallgruppe" vorzuschlagen.13 Für dieses Projekt wurden von der Firma 3M die nötigen Gruppierungsprogramme gratis testeshalber zur Verfügung gestellt. Das Projekt erhielt den Namen "Verein APDRG-Schweiz".

13 Rey J-C. Das Jahr der guten Nachrichten (Editorial). In: PCS/APDRG-News Sept. 1997: 1.
Fragen:
PCS für die
Schweiz
  • Ist es erstrebenswert, dass in der Schweiz ein einheitliches Patientenklassifikationssystem (PCS) angewendet werden soll? Welche Gründe sprechen dafür, welche dagegen?
Internationale
Vergleiche
  • Wie entscheidend ist die Möglichkeit, internationale Vergleiche anzustellen? Sind solche überhaupt möglich, oder ist ein solcher Vergleich zum Vorneherein zum Scheitern verurteilt angesichts
    • der verschiedenen Versionen der eingesetzten ICD-9- und ICD-10-Codes,
    • der unterschiedlichen Codierungspraktiken,
    • der (auch innerhalb der USA) verschiedenen DRG-Varianten,
    • der verschiedenen Versionen der konkret angewandten Gruppierungsprogramme,
    • der unterschiedlichen Kostengewichte, die jeder Behandlungsfallgruppe hinterlegt sind,
    • und nicht zuletzt auch angesichts der unterschiedlichen Organisation des Gesundheitswesens (Aufteilung ambulant und stationär, Akut-, Rehabilitations- und Langzeitpflege, . . . )?14

14 HF Sanderson, Direktor des National Casemix Office (NCMO) von Grossbritannien, hat mehrfach auf diese Problematik aufmerksam gemacht [u.a. in Sanderson (HRG-DRG: Diff): 4f]. Die Unmöglichkeit, wirklich sinnvolle Vergleiche anstellen zu können, war einer der wesentlichen Gründe für die Eigenentwicklung der HRGs (Healthcare Resource Groups). Sie werden als eine an die Verhältnisse in Grossbritannien angepasste Neufassung der DRGs verstanden. Es ist auch tatsächlich so, dass die HRGs das britische Patientenspektrum besser abzubilden vermögen, als die DRGs. Vgl. u.a. Fischer (PCS): 279 zitiert nach Sanderson/Anthony/Mountney (HRG2): 14.
Interne und externe
Anwendungen
  • Werden für interne Anwendungen (Betriebsführung, Qualitätssicherung; Behandlungspfade, . . . ) andere Systeme benötigt als für externe Anwendungen (Tarifierung, Betriebsvergleiche, Leistungsstatistik; epidemiologische Auswertungen, . . . )? Oder genügen unterschiedliche Detaillierungsgrade des gleichen Systems?
Wartung + Revision
  • Wie ist die Wartung des Systems sichergestellt? Auf welche Weise ist es möglich, eigene Bedürfnisse und Wünsche einfliessen zu lassen?
 
 

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3

PCS-Inhalt

3.1

Patientenklassifikation anhand der Daten der Medizinischen Statistik

3.1.1

Gruppenbildung

Sofern einzelne Spitäler oder gewisse Statistikstellen die Daten der Medizinischen Statistiken schon gruppiert haben, stellt sich die Frage, wie die Nützlichkeit des Resultates global beurteilt wird.
Fragen:
  • Macht es Sinn, Behandlungsfallgruppen aufgrund von Diagnosen und Operationen zu bilden? In welchen Bereichen? Wo nicht?  
     
  • Wurden die Patienten auf den ersten Blick sinnvoll eingeordnet? Ist der Anteil an Fällen, die Sammel- bzw. Restgruppen zugeordnet wurden, akzeptabel? Ergibt sich insgesamt eine hilfreiche Zusammenfassung des Patientenspektrums? (Details zu dieser Frage folgen im nächsten Abschnitt: "3.2 Homogenität der Patientengruppen".)  
     
  • Kann man mit den Patientengruppen arbeiten? Können die Patientengruppen als Produktedefinitionen verwendet werden?  
     
  • Wenn die Hauptdiagnose die Gruppeneinteilung massgeblich beeinflusst (wie z.B. bei den DRG\'s): Ergeben sich dadurch besondere Probleme?
Klinikspezifische
Fragen:
  • Welches Patientenklassifikationssystem (PCS) wird eingesetzt? Welches Grouper-Programm wird dazu verwendet?
 
 

3.2

Homogenität der Patientengruppen

Von Patientenklassifikationssystemen wird gefordert, dass sie homogene Patientengruppen aufweisen: Innerhalb einer Gruppe sollen die Fälle möglichst ähnlich sein. Gleichzeitig sollen sie sich möglichst gut unterscheiden von den Fällen ausserhalb der Gruppe. Die Homogenität kann sich auf die Kosten (bzw. deren Ersatzvariable Aufenthaltsdauer) oder auf das klinische Bild des Falles beziehen.

3.2.1

Kostenmässige Homogenität

Viele der existierenden Patientenklassifikationssysteme wurden konstruiert, um Patienten, die klinisch gleich bezeichnet werden können, in Gruppen ähnlicher Kosten zusammenzufassen. Auch das DRG-System gehört zu diesen PCS.
Fragen:
Kostenhomogenität
  • Wird die kostenmässige Homogenität insgesamt als gut beurteilt? In welchen Bereichen15 ist sie gut/ausreichend, in welchen Bereichen ist sie mangelhaft/unakzeptabel? Was ist aufgrund des Vergleiches der Gruppierung von chirurgischen und nicht-chirurgischen Fällen zu sagen?

15 Fachabteilungen, DRG-Hauptgruppen (MDC), einzelne Behandlungsfallgruppen.
Variationskoeffizient
  • Kennzahlen zur Homogenität (Auswertungen für die ganze Schweiz; nach Spitaltypen; für einzelne Spitäler; für einzelne Abteilungen): Wie gross ist der Anteil der Patientengruppen mit Variationskoeffizienten unter 1.0, unter 0.5, unter 0.3?
Varianzreduktion
  • Ist die Bestimmung der Varianzreduktion zwischen der Streuung der Kosten der gruppierten Patienten und der Streuung aller Fallkosten das geeignete Mass, um die Kostenhomogenität zu beurteilen? Sollten alternative Berechnungen durchgeführt werden?
Ausreisser
  • Welche Fälle sollen als Ausreisser deklariert und in einer solchen Analyse weggelassen werden? (Vgl. dazu auch Abschnitt "5.2 Grenzwerte (Trimpoints)".)
Aufenthaltsdauer
  • Ist die Aufenthaltsdauer eine gute Ersatzvariable für die Kosten pro Fall, wenn letztere nicht berechnet werden können? Muss die Homogenität der Fälle bezüglich der Aufenthaltsdauern allenfalls zusätzlich zur Homogenität der Kosten beurteilt werden? Weshalb?
Kostentreiber
  • Falls die Kostenhomogenität gesamthaft oder in gewissen Bereichen als ungenügend beurteilt wird: Welche Kostentreiber müssten berücksichtigt und somit im Minimaldatensatz der Medizinischen Statistik aufgenommen werden?
Klinikspezifische
Frage:
  • Mit welcher Methode wurden die Kosten pro Fall bestimmt?16

16 Vgl. dazu auch: H+ (KoTrRe/HB1): 2-15ff.
 
 
 
 

3.2.2

Klinische Homogenität

Klinische Ähnlichkeitskriterien sind:
  • ähnliche Einweisungsgründe
  • ähnliche Krankheitsbilder
  • ähnlicher Behandlungsbedarf
  • ähnliche Behandlungen
  • ähnliche Behandlungsergebnisse
Fragen:
Kriterien
Stabilität im Zeitverlauf
  • Bleiben die Zuordnungen im Verlaufe der Jahre (genügend) stabil?
Anzahl Fallgruppen
  • Anzahl Fallgruppen:
    • Wieviele Patientengruppen werden zur Abbildung der Patientenschaft pro Abteilung bzw. für das ganze Spital benötigt?
    • Wieviele Gruppen genügen zur Abbildung von 80% und von 50% der Patientenschaft?
    • Wieviel % der Fälle werden durch die 10 bzw. 20 häufigsten Behandlungsfallgruppen pro Abteilung und pro Spital abgedeckt?
    • Gibt es wesentliche (störende?) Unterschiede in chirurgischen und nicht-chirurgischen Abteilungen?
    • Wie gross ist der Anteil der Patienten in PCS-Sammelgruppen? ("Übrige ...", "Sonstige ...", usw.)
Aggregierbarkeit
  • Wie wird Aggregierbarkeit der Patientengruppen beurteilt? (aus der Sicht der Abteilung; aus der Sicht des ganzen Spitals; für Betriebsvergleiche) Welche Anforderungen sind/sind nicht erfüllt?
 
 

3.3

Akzeptanz

Fragen:
  • Wie wird das System in Ihrem Betrieb akzeptiert?
    • Von den Ärzten?
    • Von den Pflegenden?
    • Vom paramedizinischen Personal?
    • Von den Betriebswirtschaftern? Von der Direktion?
    • Von den Partnern des Spitals (andere Spitäler, Garanten, Behörden)?
 
 

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4

PCS-Konstruktion

4.1

Auswahl der Klassifikationskriterien

4.1.1

Statistische Homogenitätsbedingungen

Ist die erlaubte
Streubreite zu gross?
Bei der Entwicklung von Patientenklassifikationssystemen wurde bislang mit statistischen Kennzahlen relativ grosszügig umgegangen. Eine Faustregel war beispielsweise, dass die Homogenität einer Patientengruppe ungenügend ist, wenn die der Kosten bzw. Aufenthaltsdauer einen Variationskoeffizient von über 1.0 aufweist. Das ist ein sehr grosszügiger Test. Bei einem Variationskoeffizient von 1.0 liegen zwei Drittel der Fälle zwischen 0 und 2x dem Mittelwert, ca. 95% zwischen 0 und 3x dem Mittelwert. Bei einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 9 Tagen würden also ca. ein Drittel der Fälle Aufenthaltsdauern von über 18 Tagen aufweisen.17

Das bedeutet, dass Patienten mit sehr unterschiedlichen Aufenthaltsdauern (oder Kosten) der gleichen Gruppe zugeordnet werden. Man musste mit diesen Resultaten zufrieden sein, da man aufgrund der vorhandenen Informationen im Minimaldatensatz keine weiteren klinischen Informationen zur Verfügung hatte als Diagnosen und bei chirurgischen Fällen die Operation.


17 Beispiel aus: Sanderson H (DRGs in Europe): 54.
 
 
 
 

4.1.2

Unberücksichtigte Kostentreiber

Weitere
Klassifikationskriterien?
Es stellt sich die dringliche Frage, ob nicht andere klinische Informationen kostenrelevant sind. Insbesondere: Gibt es leicht verfügbare klinische Informationen, die die Kostenhomogenität der Patientengruppen entscheidend verbessern könnten?
In nicht-chirurgischen Bereichen wie z.B. in Rehabilitation, Geriatrie und Psychiatrie wird bereits bei flüchtiger Betrachtung klar, dass der Aufwand (und ebenfalls die Aufenthaltsdauer) nur zu einem Teil - wenn überhaupt - von den ärztlichen Angaben zu Diagnose und Operationen ableitbar ist. Deshalb enthalten Minimale Datensätze in diesen Bereichen weitere klinische Informationen.18 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das blosse Sammeln von weiteren interessanten Informationen nicht genügt. In einer neuen englischen Studie wird festgestellt, dass die amerikanischen Erfahrungen bei allgemeinen Psychiatriepatienten gezeigt hätten, dass die Varianzreduktion der Gesamtkosten kaum über 15% steige, auch dann nicht, wenn zusätzliche Variablen wie Schweregrad, Chronizität, soziale Faktoren und weitere Kriterien erhoben wurden. Es wird hinzugefügt, dass diese Varianzreduktion zwar noch nicht zufriedenstellend sei, aber da es sich gezeigt habe, dass die Varianzreduktion in gewissen anderen Bereichen kaum höher sei, solle man den Gebrauch von Patientenkategorien im psychiatrischen Bereich nicht ausschliessen...19

18 Vgl. z.B. den Minimalen Datensatz MDS des Resident Assessment Instruments (RAI), die Minimaldaten von PLAISIR, das Grundmodul für psychiatrische Patienten in der Schweiz, die psychiatrische Basisdokumentation BADO aus Deutschland, wo die ärztlichen Diagnosen nur ein Merkmal unter vielen sind. Zusammenfassungen davon sind zu finden in Fischer (PCS/Pflege): 66ff, 75ff und Fischer(PCS): 163, 164f, 155ff, 159ff.
19 Elphick et al. (CORN): 19. Vgl. zu den amerikanischen Studien über Patientenklassifikationen in der Psychiatrie auch: Fischer (PCS): 293ff.
 
 
Varianzreduktionen
von unter 25%
An dieser Stelle muss einmal mehr darauf hingewiesen werden, dass eine Varianzreduktion, die unter 25% liegt, aus statistischer Sicht als sehr klein betrachtet werden muss.20 Dass dem so ist, wird jedem sofort klar, der sich die Mühe nimmt, die Histogramme und/oder Boxplots von Gruppen, die eine derart kleine Varianzreduktion aufweisen, einander gegenüberzustellen.

20 In Kurtz (Statistics): 272 wird eine Korrelation zwischen 0% und 24% als niedrig, zwischen 25% und 49% als mässig, zwischen 50% und 74% als hoch und zwischen 75% und 100% als sehr hoch bezeichnet. (Es ist zu beachten, dass diese Aussagen aus einem Buch über Statistiken in den Sozialwissenschaften stammen; in anderen Bereichen würde diese Einteilung weniger grosszügig ausfallen.) An der gleichen Stelle wird auch gezeigt, dass die Konzepte "Korrelationskoeffizient" (R2) und "Varianzreduktion" (VR) ineinander überführt werden können: Auch der Korrelationskoeffizient kann als Verhältnis zwischen erklärter und gesamter Varianz dargestellt werden. Vgl. zur Thematik der noch akzeptablen Streuungen auch die Überlegungen zum Variationskoeffizienten in Fischer (PCS): 427f.
 
 
Zusätzliche
Kriterien
sind zu testen
Bei der Auswahl von zusätzlichen Kriterien ist deren Kostenrelevanz sorgfältig abzuschätzen und in Testerhebungen zu überprüfen, bevor sie als Variablen in einem Minimaldatensatz als allgemein verbindlich erklärt werden.
 
 

4.1.3

Beispiel: Zusätzliche Kriterien zur Schätzung des Pflegeaufwandes

20% der
Betriebskosten
Der Pflegeaufwand ist bei einer stationären Behandlung einer der wichtigsten Kostenfaktoren. In Allgemeinspitälern beträgt der Pflegepersonalkostenanteil ca. 20% der Betriebskosten.21 Von den Personalkosten, die ca. 70% der Betriebskosten ausmachen, entfallen somit 28% auf die Pflege.

21 Der Pflegepersonalkostenanteil beträgt in Universitätsspitälern durchschnittlich 16%, er steigt bei kleinen Allgemeinpitälern bis auf durchschnittlich 23%. In geriatrischen Kliniken beträgt er 30%, in psychiatrischen Kliniken etwa 32%. Vgl. H+ (StatAdm95): Tabelle 1.02.5.
 
 
Nicht-chirurgische
Bereiche
Wie oben erwähnt genügen in nicht-chirurgischen Bereichen wie z.B. in Rehabilitation, Geriatrie und Psychiatrie die ärztlichen Angaben zu Diagnose und Operationen kaum, um davon die Fallkosten und den Anteil des Pflegeaufwandes abzuleiten.
Chirurgische
Bereiche
Sogar bei chirurgischen Routinepatienten ist die Streuung des Pflegeaufwandes überraschend gross, wie es u.a. auch neuere Studien vermuten lassen.22

22 So kommt die Studie KSSG (Pflegeaufwand/Diagnose) bei der Analyse des Pflegeaufwandes pro Fall bei 11 Routinebehandlungen wie laparskopischer Appendektomie, Cholezystektomie, Hysterektomie, Inguinalhernie, transurethraler Postataresektion zu Variationskoeffizienten, die zwischen 0.3 und 0.8 liegen (Fallzahlen hier: 46 bzw. 54 Fälle; insgesamt 355 Fälle). Die Variationskoeffizienten der Aufenthaltsdauern sind nie grösser als die Variationskoeffizienten des Pflegeaufwandes pro Fall. Bei vielen Patientengruppen sind erstere deutlich kleiner als letztere. Die Stichproben sind zwar nicht allzu gross, aber statistisch doch aussagekräftig. Vgl. auch Engelke (Pflege-Fallpauschalen): 131ff+A20ff+A60ff.
 
 
Weitere Merkmale? Um dieses Problem in Griff zu bekommen, könnte man die Pflegekosten entweder zusätzlich oder separat gruppieren. Dabei wäre zu beachten, dass solche Klassifikationen nicht aufgrund der erbrachten oder geplanten Pflegeleistungen gemacht werden, sondern dass aufgrund von Patientenmerkmalen gruppiert wird. Es ist zu daran zu erinnern, dass Pflegeaufwandmessysteme wie LEP und auch PRN die Pflegeleistungen bestimmen.23 Gesucht sind aber Systeme, die auf Merkmalen beruhen, die die Pflegeleistungen begründen. Solche Systeme bestimmen den Zustand des Patienten und die Behandlungsziele und leiten davon den typischerweise nötigen Behandlungsbedarf ab.24

23 Im Falle von LEP sind es die erbrachten Leistungen, die mit Vorgabezeiten ("Sollzeiten") gewichtet sind; im Falle von PRN sind es die erforderlichen Leistungen ("soins requis"), die mit Punkten gewichtet werden, welche ebenfalls Vorgabezeiten entsprechen.
24 Vgl. zu dieser Problematik die ausführliche Diskussion in Fischer (PCS): 34ff.
 
 
Beispiel: RUG-III Ein Beispiel für die Verwendung von weiteren Merkmalen sind die Resource Utilization Groups (RUG) für Langzeitpatienten in Pflegeheimen. Die RUG-III erreichen eine Varianzreduktion von 41% bezüglich der Pflegezeit pro Tag. Analog zum Vorgehen der DRG, welches zwischen operativen und nicht-operativen Fällen unterscheidet, werden bei RUG-III Pensionäre mit Therapien und aufwendigen Behandlungen (Rehabilitation, aufwendige Behandlungspflege wie parenterale Ernährung, Respirator usw.) gesondert betrachtet. Bei den restlichen Fällen wird unterschieden zwischen Patienten mit Wahrnehmungs- und Verhaltensproblemen und solchen mit motorischen Fähigkeitseinschränkungen.25 Insgesamt ist dies also ein recht differenziertes Vorgehen. Allerdings wurden hier Behandlungsmerkmale (Leistung) und Patientenmerkmale (Patientenzustand) gemischt.

25 Fries et al. (RUG-III); Circle (RUG-III); Fischer (PCS): 329f.
 
 
Sekundäre gesundheit-
liche und soziale
Probleme
Ein anderer Untersuchungsansatz könnte darin bestehen, dass nach Problemtypen unterschieden wird: Die (meist) akuten, "primären" Probleme begründen und rechtfertigen den Spitalaufenthalt. Dann gibt es weitere, "sekundäre" Probleme, die den Aufwand erhöhen. Dazu gehören sekundäre gesundheitliche Probleme, welche schon bei Spitaleintritt bestanden haben oder durch den Spitalaufenthalt ausgelöst wurden, und kostenrelevante soziale Probleme, welche insbesondere die Frage der sozialen Selbständigkeit betreffen (Wohn- und Betreuungssituation zuhause).26

26 Vgl. auch Fischer (PCS): 41.
 
 
Bei den sekundären gesundheitlichen Probleme haben wir in Arbeiten am Kantonsspital Aarau wie auch bei Untersuchungen der Pflege in Rehabilitationskliniken testeshalber nach motorischen und nach kognitiven Fähigkeitseinschränkungen unterschieden, so wie dies ja auch im System RUG-III für die therapeutisch nicht aufwendigen Patienten gemacht wird. Die ersten Resultate ermutigen, in dieser Richtung weiterzuforschen.
Grund- und
Behandlungspflege
Eine deutsche Studie weist darauf hin, dass die Behandlungspflege pro Tag relativ homogen ist, wenn die Patienten nach Krankheitsarten gruppiert sind. (Die Gruppierung erfolgte nach ICD-Diagnosen.) "Die grundpflegerischen Leistungen weisen demgegenüber jedoch eine erhebliche Streuungsbreite auf."27 Das bedeutet also, dass die behandlungspflegerischen Massnahmen (vermutlich) stärker von der ärztlichen Behandlung abhängen, als die grundpflegerischen Leistungen. Dies ist plausibel, da die - vielfach verordneten - behandlungspflegerischen Massnahmen als Teile des ärztlich angeordneten Behandlungspfades angesehen werden können. Viele der grundpflegerischen Massnahmen hängen aber vom allgemeinen Zustand des Patienten ab (Selbständigkeit, Mobilität, Kognitive Fähigkeiten, usw.), der nur teilweise oder nur lose in direktem Zusammenhang mit ärztlicher Diagnose und Behandlung steht.

27 Engelke (Pflege-Fallpauschalen): 113.
 
 
 
 

4.1.4

Genügen Diagnose und Operation?

Im Anschluss an diese Überlegungen stellt sich also die Frage, in welchen Bereichen es genügt, eine Patientenklassifikation aufgrund der ärztlichen Merkmale Diagnose und Operation aufzubauen, und in welchen Bereichen weitere Merkmale erhoben werden müssen.
Fragen:
  • Deckt der Minimaldatensatz der Medizinischen Statistik in Ihrer Fachdisziplin die wesentlichen Merkmale ab, welche die Kosten der Behandlung bestimmen? Anders gefragt: Lassen sich aufgrund der Angabe von Diagnose und Operation die Behandlungskosten in Ihrer Fachdisziplin abschätzen?  
     
  • Welche weiteren Merkmale sind in Ihrer Fachdisziplin vermutlich kostenrelevant? Ist es nötig, den Minimaldatensatz zu ergänzen? Wären Sie interessiert an der Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe, die für Ihre Fachdisziplin Testerhebungen durchführt und eine Ergänzung zum Minimaldatensatz vorschlägt?  
     
  • Müssen Spezialfälle grundsätzlich anders gehandhabt werden als Routinefälle? Was ist dabei zu beachten?
 
 

4.1.5

Patienten- und Behandlungsmerkmale

Zustand und Aktion Wenn Patientenklassifikationssysteme konstruiert werden, dann ist der Frage nach der Art der Klassifikationskriterien besondere Beachtung zu schenken. Insbesondere muss unterschieden werden zwischen Kriterien, die etwas über den Zustand des Patienten aussagen, und solchen, die die Leistungen der Leistungserbringer beschreiben. Das sind zwei unterschiedliche Perspektiven:
  • Aufgrund des Patientenzustandes (und der davon abzuleitenden Behandlungsziele) wird der Behandlungsbedarf bestimmt.  
     
  • Aufgrund der erbrachten Leistungen des Leistungserbringers lässt sich der Aufwand berechnen.28

28 Ausführliche Diskussion in Fischer (PCS): 34ff.
 
 
Was wird klassiert? Bei existierenden Patientenklassifikationssystemen ist zu fragen, ob sie den Behandlungsaufwand oder die Patientenprobleme klassieren. Z.B. klassiert das DRG-System eigentlich den Aufwand. Dies geschieht im chirurgischen Bereich anhand der durchgeführten Prozeduren. Da es in den nicht-chirurgischen Bereichen aber keine allgemein anerkannte Klassifikation der Prozeduren gibt, werden dort Diagnosen als Ersatzkriterien verwendet. Bei der Analyse von Fällen, die nach DRG gruppiert sind, fällt sofort auf, dass die Streuungen der Ist-Kosten und der Aufenthaltsdauern bei den nicht-chirurgischen Gruppen viel grösser sind als bei den chirurgischen Gruppen. Dies zeigt, dass die unterschiedlichen Klassifikationskriterien in diesem Fall den Aufwand unterschiedlich gut abzubilden vermögen.
Englisches Modell:
2 PCS
In Grossbritannien werden zwei Klassifikationen aufgebaut: Die Health Benefit Groups (HBG) klassieren Patientenzustände; die Healthcare Resource Groups (HRG) klassieren die Behandlungen.29 Diese beiden Systeme haben unterschiedliche Einsatzbereiche und können - als HBG-HRG-Matrix - miteinander verknüpft werden.

29 Vgl. Fischer (PCS): 275ff.
Fragen:
  • Welche Probleme bringt die Vermischung von Behandlungs- und Patientenmerkmalen bei den DRGs mit sich?  
     
  • Welche Lösungsansätze sind denkbar?
 
 

4.2

Definition der Behandlungseinheit

Behandlungseinheit Jede Behandlung erstreckt sich über eine gewisse Zeit. Oft beteiligen sich mehrere Leistungserbringer daran, z.B. Gemeindekrankenpflege, Hausarzt, Spezialarzt und Krankenhaus, zum Teil auch verschiedene Abteilungen innerhalb eines Krankenhauses. Bei der Überweisung des Patienten von einem Leistungserbringer zum nächsten entstehen Schnittstelle.
Es stellt sich die grundlegende Frage, welche Ausschnitte aus einem meist längeren Krankheits- und Behandlungsverlauf als Behandlungseinheiten gewählt werden sollen, damit Vergleiche möglich werden.
Administrativer Fall Als Behandlungseinheit für Patientenklassifikationssysteme wird vielfach der stationäre Aufenthalt gewählt: Dieser dauert von Spitaleintritt bis Spitalaustritt. Er wird oft einfach als "Fall" bezeichnet. Um kenntlich zu machen, dass es sich dabei um eine organisatorische Abgrenzung handelt, wird er genauer als "administrativer Fall" bezeichnet.
Fragen:
Administrativer Fall
  • Ist in Ihrer Fachdisziplin der administrative Fall (von Spitaleintritt bis Spitalaustritt) die geeignete Einheit, um die erbrachten Leistungen zu vergleichbaren Leistungsbündeln zusammenzufassen?
Verlegungen
  • Wie sollen Verlegungen innerhalb eines Krankenhauses und wie Verlegungen in externe Institutionen gehandhabt werden?
Vor- und nachstationär
  • Wie sollen vor- und nachstationäre Behandlungen gehandhabt werden?
Ambulant,
teilstationär,
stationär
  • Sollen chirurgische teilstationäre und ambulante Behandlungen stationären Behandlungen gleichgestellt werden? Weshalb?
Behandlungsverläufe
  • Müssen Behandlungen zu Behandlungsverläufen, z.B. über ein Jahr, zusammengefasst werden.
Behandlungsabschnitte
  • Müssen Behandlungsabschnitte mit unterschiedlichen Behandlungszielen gesondert betrachtet werden?30

30 In Fischer (PCS): 58f wird vorgeschlagen, folgende Behandlungsabschnitten nach Behandlungsziel zu unterscheiden: Kontaktaufnahme, Prävention, Akutbehandlung, Rehabilitation, Betreuung/Pflege, Behandlungspause.
Behandlungsphasen
  • Müssen Behandlungsphasen nach der Art der Behandlung unterschieden werden? Insbesondere: Diagnostik, Therapie und evtl. Nachsorge?31 Müssen Notfälle anders als reguläre Eintritte behandelt werden?

31 Die Unterscheidung von Diagnostik, Therapie und Nachsorge ist vor allem dort in Betracht zu ziehen, wo sich die Behandlung in stationäre und ambulante Behandlungssequenzen aufteilt. Vgl. Fischer (PCS): 60f und 64ff.
 
 
 
 

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5

PCS-Kennzahlen

5.1

Gewichtung des Patientenspektrums

Jeder Behandlungsfallgruppe wird gewöhnlich ein Gewicht zugeordnet, das die Aufwendigkeit der Behandlung widerspiegelt. Damit kann eine gewichtete Summe für alle Behandlungsfälle einer Periode errechnet werden. Um einen Hinweis auf die durchschnittliche Aufwendigkeit der Fälle zu erhalten, kann der Durchschnitt dieser Summe berechnet werden: dieses durchschnittliche Kostengewicht pro Behandlungsfall wird Casemix-Index genannt.
Fragen:
Kalkulation der
Kostengewichte
  • Auf welche Art sollen Ihrer Meinung nach Kostengewichte berechnet werden (Durchschnittskosten aller Patienten aller Spitäler, durchschnittliche Aufenthaltsdauern, Vorkalkulation aufgrund von Behandlungspfaden, z.B. gemäss Fallkosten-Modell KSA32)?33

32 Vgl. KSA (Fallkosten-Modell) und Unterlagen zum Fallkosten-Symposium vom 18.9.97 im KSA: Fallkostenkalkulation auf der Grundlage von Klinikstandards.
33 Vgl. auch H+ (KoTrRe/HB1): 2-15ff.
Kostengewichte
und Ist-Kosten
  • Widerspiegeln die gewählten (nationalen?) Kostengewichte die tatsächlichen Durchschnittskosten pro Fallgruppe Ihrer Abteilung?
Spitaltyp
  • Müssten die Fälle je nach Spitaltyp (Universitätsspital, Zentrumsspital, Regionalspital usw.) unterschiedlich gewichtet werden?
Anwendungen
  • Welche sind nach Ihrer Meinung die wichtigsten Anwendungsgebiete für Kostengewichte (Tarifierung, Kostenträgerrechnung, Betriebsführung, Leistungsstatistik, Betriebsvergleiche, Leistungsaufträge, Spitalplanung, . . . )? Wo sollten sie nicht verwendet werden? (Weshalb nicht? Welche flankierenden Massnahmen sind allenfalls vorzusehen?)
 
 

5.2

Grenzwerte (Trimpoints)

Aufgrund von definierten Grenzwerten werden die Fälle einer Fallgruppe in gewöhnliche Fälle und in Ausreisser eingeteilt.
Fragen:
Notwendigkeit
  • Ist es nötig, Patientengruppen durch Grenzwerte einzuengen? Sind dazu nur obere oder auch untere Grenzwerte - z.B. für Kurzlieger - zu definieren?
Modelltyp
  • Welchen Modelltyp zur Festlegung von Grenzwerten bevorzugen Sie: streuungsabhängige oder streuungsunabhängige Grenzwerte?34 Aus welchen Gründen?

34 Streuungsabhängige Grenzwerte basieren auf Streuungsmasszahlen, z.B. Grenzwert = Mittelwert + 2 x Standardabweichung. Streuungsunabhängige Grenzwerte beziehen sich allein auf den Mittelwert, z.B. Grenzwert = Mittelwert x 2. Vgl. Fischer (PCS): 70ff.
Anwendungen
  • Für welche Anwendungen sind Ausreisser gesondert/nicht gesondert zu behandeln? (Leistungsstatistik, Betriebsvergleiche, Tarifierungs, Kostenträgerrechnung, . . . )
 
 

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6

Interne und externe Anwendungen

6.1

Interne Anwendungen

6.1.1

Betriebsführung

Fragen:
  • Ist das verwendete PCS geeignet, um Produktedefinitionen zu liefern, die im Rahmen der Kostenträgerrechnung und des Controllings verwendet werden können? In welcher Form?  
     
  • Kann das PCS auch für Planungsaufgaben verwendet werden? Für welche?  
     
  • Kann das PCS für Fragen des Marketings verwendet werden? Wie?  
     
 
 

6.1.2

Qualitätssicherung

Fragen:
  • Wie das PCS in Ihrem Betrieb zur Beurteilung von Qualitätsfragen eingesetzt? Welcher Art sind diese Projekte?  
     
  • Welche zusätzlichen Anforderungen werden an ein PCS gestellt, wenn es im Rahmen von Qualitätssicherungs- und -förderungsprogrammen eingesetzt werden soll?
 
 

6.1.3

Behandlungspfade

Fragen:
  • Können für die einzelnen Patientenkategorien Behandlungspfade (typische Behandlungsbündel) zur Verwendung in Fallkalkulationen und/oder als Hilfe zur Beurteilung der Prozessqualität formuliert werden?  
     
  • Wo und weshalb ergaben sich Probleme?  
     
  • Lassen sich diese Probleme lösen durch eine Verfeinerung der Klassifikation? Oder braucht es alternative Klassifikationsmodelle?
 
 

6.1.4

Weitere interne Anwendungen

Fragen:
  • Gibt es für Sie weitere wichtige interne Anwendungsgebiete?
    • ...
 
 

6.2

Externe Anwendungen

6.2.1

Tarifierung

Fragen:
  • Welche Vor- und Nachteile hat der Einsatz eines PCS in Tarifverhandlungen?  
     
  • Welche positiven und negativen Anreize werden durch die Vereinbarung von Fallpreispauschalen geschaffen?
 
 

6.2.2

Leistungsstatistik

Fragen:
  • Ist das PCS geeignet, um die Leistungen des Krankenhauses zu deklarieren?  
     
  • Welche Ergänzungen sind nötig? Z.B. zum Ausweis der ambulanten Behandlungen? Oder für einzelne Leistungen für Patienten anderer Institutionen (z.B. radiologische Untersuchungen)? Oder für gemeinwirtschaftliche Leistungen?
 
 

6.2.3

Betriebsvergleiche

Fragen:
  • Welche Betriebskennzahlen werden durch den Einsatz eines PCS vergleichbar?  
     
  • Welche zusätzlichen Aspekte müssen berücksichtigt werden?
 
 

6.2.4

Epidemiologische Forschung

Fragen:
  • Ist ein PCS, das primär der Tarifierung und/oder der Betriebsführung dient, auch in der epidemiologischen Forschung einsetzbar? Welche Vorteile ergeben sich? Welche Probleme?
 
 

6.2.5

Weitere externe Anwendungen

Fragen:
 
 

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7

Umsetzung:
Vorschläge für Befragungen und Studien

7.1

Überblick

Es wäre für die Gesamtheit der Kliniken zu aufwendig, auf all die aufgeführten Probleme zu antworten. Deshalb schlage ich vor, eine zweiteilige Erhebung und zusätzliche Einzelstudien durchzuführen: Eine Expertenbefragung und eine Umfrage mittels Fragebogen.
Im Weiteren sollen in separaten Studien einzelne Probleme behandelt werden, wenn sowohl theoretische wie auch praktische Aspekte bislang noch zu wenig analysiert worden sind.
 
 

7.2

Expertenbefragung (mündlich)

In einer Expertenbefragung sollen wenige, aber repräsentative Kliniken der wichtigsten Spitaltypen vertieft befragt werden.
Als Experten kommen in Frage:
  • Informatikverantwortlicher Arzt
  • Chefarzt
  • Spitaldirektor
  • Evtl. Geschäftsleitungen von Softwarefirmen
Die Erhebung erfolgt in Form von Interviews mit offenen Fragen, so wie sie in dieser Arbeit formuliert wurden.
 
 

7.3

Befragung der Spitäler (schriftlich)

Um den Stand der Implementation und allfällige Probleme der Gesamtheit der Spitäler kennenzulernen, können mittels eines nicht allzu umfangreichen Fragebogens Antworten zu ausgewählten und wesentlichen Fragen gesammelt werden.
Der Fragebogen wird an die Gesamtheit der Spitäler oder zumindest einer grossen Stichprobe zugestellt. Eine vorherige Absprache mit H+ Die Spitäler der Schweiz wird als sinnvoll erachtet.
Der Fragebogen enthält konkrete und relativ geschlossene Fragen. Zusätzlich können zu jeder Frage Anmerkungen in freier Form hinzugefügt werden. Die Themen sind:
Themen des
Fragebogens:
  • Implementation
    • Codierungssysteme:
      • Wie wird die Codierungsqualität beurteilt? (sehr gut/gut/mässig/ schlecht/sehr schlecht/nicht beurteilbar)
      • Ist das Schulungsangebot sehr gut/gut/... ?
       
       
    • Medizinische Statistik:
      • Konnten die Medizinische Statistik gemäss den Vorgaben des BFS implementiert werden? (ja/nur unvollständig/nein)
      • Wann wird die Implementation abgeschlossen sein? (Ende 1996, Mitte/Ende 1997, Mitte/Ende 1998, . . . )
      • Wie beurteilen Sie das Vorgehen bezüglich Datenschutz? (sehr gut/...; bitte offene Punkte/Ergänzungsvorschläge auflisten.)
     
     
  • PCS-Inhalt
    • Gruppenbildung:
      • Macht die Bildung von Behandlungsfallgruppen Sinn? (ja/mit Vorbehalt/nein)
      • Welches/welche Patientenklassifikationssystem/e (PCS) setzen Sie ein? (HCFA-DRG, AP-DRG, APR-DRG, PMC, Disease Staging, andere [benennen])
       
       
    • Homogenität:
      • Wie wird die kostenmässige Homogenität der gruppierten Behandlungsfälle beurteilt? (Sehr gut/.../nicht beurteilbar)
      • Wie wird die klinische Homogenität der gruppierten Behandlungsfälle beurteilt? (Sehr gut/.../nicht beurteilbar)
     
     
  • PCS-Konstruktion
    • Klassifikationskriterien:
      • Welchen Aspekten müsste mehr Beachtung geschenkt werden: Multimorbidität/Schweregrad der Erkrankung, sekundäre gesundheitliche Probleme, soziale Probleme, Umgang mit speziellen Risiken, weitere (benennen)? (Sehr wichtig/wichtig/zu bedenken/nicht relevant)
       
       
    • Behandlungseinheit:
      • Wie wird die Anwendbarkeit der gegebenen Definition von stationären, teilstationären und ambulanten Fällen beurteilt? (Sehr gut/...)
      • Gibt es Abgrenzungsprobleme wegen vorstationären / nachstationären Leistungen, zwischen ambulanten / teilstationären / stationären Behandlungen?
     
     
  • PCS-Kennzahlen
    • Wie beurteilen Sie die Kostengewichte des angewendeten PCS? (Sehr gut/...)
    • Wie beurteilen Sie die Grenzwerte des angewendeten PCS? (Sehr gut/...)
     
     
  • Anwendungen
    • In welchen Gebieten sollen PCS angewendet werden?
      Anwendungeninternextern
      Betriebsführung
      ja / nein
      ja / nein
      Qualitätssicherung
      ja / nein
      ja / nein
      Behandlungspfade
      ja / nein
      ja / nein
      Fallkalkulation
      ja / nein
      ja / nein
      Tarifierung
      ja / nein
      ja / nein
      Leistungsstatistik
      ja / nein
      ja / nein
      Betriebsvergleiche
      ja / nein
      ja / nein
      Leistungsaufträge
      ja / nein
      ja / nein
      Spitalplanung
      ja / nein
      ja / nein
      Epidemiologische Forschung
      ja / nein
      ja / nein
 
 

7.4

Fragestellungen für Einzelstudien

7.4.1

Vordringliche Themen

Für folgende Themen werden Einzelstudien empfohlen. Darin soll die Problematik aufgezeigt und praktikable Lösungen vorgeschlagen werden:
  • Berechnung von Kostengewichten:
    Welche Berechnungsart von Kostengewichten eignet sich für Schweizer Verhältnisse am besten als Basis für Tarifsysteme?  
     
  • Behandlungseinheiten:
    Wie wirken sich unterschiedliche Falldefinitionen auf Kosten und Kostenhomogenität aus?  
     
  • Klassifikationskriterien:
    Nebst Diagnosen und Operationen: Welche zusätzlichen Merkmale sind kostenrelevant?
    • in chirurgischen Bereichen
    • allgemein in nicht-chirurgischen Bereichen
    • in der Rehabilitation
    • in der Psychiatrie
    • in der Geriatrie
     
     
  • Pflegeaufwandmessung:
    • Gibt es Studien, die Vorgabezeiten von LEP und von PRN validiert haben? Gelten diese Aussagen auch für Schweizer Verhältnisse? Vermutlich müssen die Vorgabezeiten sowohl für LEP als auch für PRN in der Schweiz noch mittels Messung der Istpflegezeiten validiert werden. Weitere Frage: Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Pflegezeiten pro LEP- bzw. PRN-Erhebungsvariable und Patientenmerkmalen, insbesondere Fähigkeitstörungen (gemäss ICIDH, ADL-Index oder FIM)?
    • Sind LEP und PRN als Pflegeaufwandmesssysteme vergleichbar? Kann ein Umrechnungsalgorithmus formuliert werden?
     
     
  • Pflegeaufwand:
    Wie stark streuen die Pflegekosten pro Fallgruppe? Bewegt sich diese Streuung im Rahmen der Streuung der übrigen Parameter?  
     
  • Kostengewichte und Ist-Kosten:
    • Ist die Korrelation zwischen Kostengewichten und tatsächlichen Kosten zufriedenstellend?
    • Welche negativen Anreize entstehen durch zu grosse Streuungen der tatsächlichen Kosten ("Rosinenpicken")? Welche Vorbeugungsmassnahmen sind denkbar?
     
     
  • Handbuch zur Kostenträgerrechnung im Spital (ist bei H+ in Arbeit).
 
 

7.4.2

Weitere Themen

  • Definition von Ausreissern:
    Welche Auswirkungen haben unterschiedliche Arten der Definition von Ausreissern auf den Ausweis der Leistungen (Leistungsstatistik, Betriebsvergleiche) und auf Tarifsysteme?  
     
  • Kostengewichte und Spitaltypen:
    Können für unterschiedliche Spitaltypen (Universitätsspitäler . . .  Bezirksspitäler) die gleichen Patientengruppen und die gleichen Kostengewichte angewandt werden? Welche Differenzierungs- oder Aggregationsmechanismen könnten angewandt werden?  
     
  • Pflegeaufwand:
    • Wie verändert sich der Pflegeaufwand im Zeitverlauf (insbesondere bei Langzeitpatienten)?
    • Welche Rolle spielen die Pflegeziele in Bezug auf den Pflegeaufwand?35
    • Von welchen Patientenmerkmalen kann der Pflegeaufwand abgeleitet werden? Ist evtl. der Funktionale Selbständigkeitsindex (FIM) zur Messung der motorischen und kognitiven Fähigkeitsstörungen brauchbar, um den Pflegeaufwand zu erklären?
     
     
  • Tarifierungsmodelle:
    Modelle mit Teilfallpauschalen entwerfen, z.B. zur separaten Abgeltung von primären und sekundären Problemen.  
     
  • Modelle zur Abbildung von Behandlungsverläufen:
    Welche konkreten Möglichkeiten gibt es, Leistungen verschiedener Leistungserbringer zu Behandlungsverläufen zu verknüpfen?  
     
  • Qualitätsbeurteilung:
    Einsatzmöglichkeiten und Grenzen des PCS-Einsatzes aufzeigen.  
     
  • Zustandsbezogene Codierungssysteme:
    Erfahrungen mit zustandsbezogenen Codierungssystemen zur Diskussion stellen (z.B. FIM in Rehabilition und Geriatrie, evtl. auch für die Akutbehandlung, Omaha-System in der Gemeindekrankenpflege).

35 Müssen z.B. Alzheimerpatienten beim Essen unterstützt werden oder nicht? Welche Auswirkungen hat dies auf den Pflegeaufwand? Und auf die Lebensqualität der Patienten?
 
 
 
 

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8

Verzeichnisse

8.1

Literaturverzeichnis

[1] AMA: American Medical Association (Procedural Terminologies): Physicians' Current Procedural Terminology (CPT). Statement to the Subcommittee on Health Data Needs, Standards and Security, National Committee on Vital Health Statistics (NCVHS), Departement of Health and Human Services (HHS), Presented by Harris TR, 16.4.97.
[2] BFS-CH: Bundesamt für Statistik (CHOP-2): Schweizerische Operationsklassifikation (ICD-9-CM, Volume 3). Ausgabe 1, 1996. Aarau 1996 (VESKA Verlag): 273 S.
[3] BFS-CH: Bundesamt für Statistik (Krankenhausstatistik): Statistik der stationären Betriebe des Gesundheitswesens Krankenhausstatistik, Detailkonzept 1997. (26.3.97, Bundesamt für Statistik, Sektion Gesundheit).
[4] BFS-CH: Bundesamt für Statistik (Medizinische Statistik): Statistik der stationären Betriebe des Gesundheitswesens. Medizinische Statistik, Detailkonzept 1997. (20.5.97, Bundesamt für Statistik, Sektion Gesundheit).
[5] BFS-CH: Bundesamt für Statistik (Statistik d. Soz. med. Institutionen): Statistik der stationären Betriebe des Gesundheitswesens. Statistik der sozialmedizinischen Institutionen, Detailkonzept 1997. (20.5.97, Bundesamt für Statistik, Sektion Gesundheit).
[6] BFS-CH: Bundesamt für Statistik (Datenschutz): Statistik der stationären Betriebe des Gesundheitswesens. Der Datenschutz in der Medizinischen Statistik. (Bundesamt für Statistik, Sektion Gesundheit).
[7] Casas M, Wiley MM (DRG/EU): Diagnosis Related Groups in Europe. Uses and Perspectives. Berlin u.w. 1993 (Springer): 207 S.
[8] Circle, The (RUG-III) [Burke RE, Feldman RN, Scheider P, Foley WF, Fries BE]: Multistate Nursing Home Case-Mix and Quality Demonstration: Description of the Resource Utilization Group, Version III (RUG-III) System. Manuskript vom 23.10.91 (University of Michigan/Resseelaer Polytechnic Institute).
[9] Elphick M, Anthony P, Lines C, Evans H, et al. (CORN): Mental Health Report. Casemix - Outcome - Resources - Needs. Winchester 1997 (Crown): 137 S.
[10] Engelke DR (Pflege-Fallpauschalen): Pflege-Fallpauschalen. Ein Instrument zur Planung und Steuerung des Pflegeaufwandes. Gerlingen 1994 (Bleicher): 290 S.
[11] Fischer W (Leistungsmessung): Möglichkeiten der Leistungsmessung in Krankenhäusern. Überlegungen zur Neugestaltung der Krankenhausstatistik. Bern 1994 (BSV: Beiträge zur sozialen Sicherheit: Forschungsbericht Nr. 1/94): 200 S.
[12] Fischer W (PCS): Patientenklassifikationssysteme zur Bildung von Behandlungsfallgruppen im stationären Bereich. Prinzipien und Beispiele. Bern und Wolfertswil 1997 (BSV+Z/I/M): 514 S.
[13] Fischer W (PCS/Pflege): Leistungserfassung und Patientenkategorisierung in der Pflege: Ein Überblick. Aarau 1995 (H+): 124 S.
[14] Fries BE, Mehr DR, Scheider P, Foley WJ, Burke R (RUG-III): Mental Dysfunction and Resource Use in Nursing Homes. In: Medical Care 1993(31)10: 898-920.
[15] H+ Die Spitäler der Schweiz (KoTrRe/HB1): H+-Handbuch Krankenhaus-Kostenträgerrechnung. Teil I: Berechnung der Kosten pro Patient. Aarau 1996, 0-Version (H+).
[16] H+ Die Spitäler der Schweiz (Leistungsstatistik): Vorschlag für eine Leistungsstatistik gemäss KVG. Schlussbericht vom 11.10.96. Aarau 1996 (H+): 179 S.
[17] H+ Die Spitäler der Schweiz (StatAdm95): H+ Spitalstatistiken: Administrative Gesamtstatistik der Schweizer Spitäler 1995. Aarau 1996 (H+).
[18] KSA (Fallkosten-Modell): Fallkosten-Modell Kantonsspital Aarau - Gesamtstrategie für die Einführung einer Kostenträgerrechnung im Kantonsspital Aarau. Aarau 1995 (KSA): ca. 294 S.
[19] KSSG: Kantonsspital St. Gallen (Pflegeaufwand/Dg): Pflegeaufwand nach ausgewählten Diagnosen. Schlussbericht zur Detailstudie. St. Gallen 1997 (KSSG Projekt 96025), unveröffentlicht.
[20] Kurtz NR (Statistics): Introduction to Social Statistics. Tokyo 1983 (McGraw-Hill): 368 S.
[21] McCormick K, Renner AL, Mayes R, Regan J, Greenberg M (MDS Development): The Federal and Private Sector Roles in the Development of Minimum Data Sets and Core Health Data Elements. In: Computers in Nursing 1997(15)2:S23-S32.
[22] Laborde A, Burdet A, Boutat A (codage/fiabilité): Fiabilité du codage VESKA à l'Hôpital de Payerne. Lausanne 1993 (IUMSP Cahier 97): 26 S.
[23] Sanderson HF (HRG-DRG: Diff): What's the difference? A comparison of Healthcare Resouce Groups and Diagnosis Related Groups. Winchester 1997 (NCMO: Discussion Paper): 11 S.
[24] Sanderson HF, Anthony P, Mountney LM (HRG2): Healthcare Resource Groups - Version 2. Winchester 1996 (NCMO: Occasional Paper No. 6): 15 S.
[25] Sanderson H (DRGs in Europe): DRGs: How Well Do They Define Hospital Products in Europe. In: Casas/Wiley (DRG/EU): 46-60.
 
 

8.2

Stichwortverzeichnis

3M

Aggregierbarkeit
Akzeptanz
ambulante Behandlungen
Anzahl Fallgruppen
APDRG Schweiz
AP-DRGs
Aufenthaltsdauer
Ausreisser

Behandlungsabschnitte
Behandlungsbedarf
Behandlungseinheit
... Studienvorschlag
Behandlungspfade
Behandlungspflege
Behandlungsphasen
Behandlungsverläufe
... Studienvorschlag
Behandlungsziele
Betriebsführung
Betriebsvergleiche

Case-Mix-Index
Codierungsqualität
... Kontrolle

Codierungssysteme

Datenkontrolle
Diagnose
Diagnosis Related Groups (DRGs)
... Major CCs
Diagnostik

Einzelstudien
Epidemiologie
Expertenbefragung
Expertengruppe Operationsklassifikation

Fall, administrativer
Fallkalkulationen
Feedback des BFS
FIM
Fragebogen

Geriatrie
Grenzwerte
Grouper
Gruppenbildung

H+-Kodierungssekretariat
HBG-HRG-Matrix
Health Benefit Groups (HBG)
Healthcare Resource Groups (HRG)
Hauptdiagnose
Homogenität
... klinisch,
... kostenmässig
Homogenitätsbedingungen

ICD-10-CM
ICD-10-PCS
ICPM/GE

Kantonale Sammelstellen
Klassifikationskriterien
... Studienvorschlag
Kosten
... Ist-Kosten
... pro Codierungsarbeitsplatz
Kostengewicht
... Studienvorschlag
Kostenträgerrechnung
... Berechnungsart
Kostentreiber
Kurzlieger

Leistungsaufträge
Leistungsstatistik

Medizinische Statistik
Multimorbidität

Nachsorge
Notfälle

Operation

Patienten- und Behandlungsmerkmale
Patientendokumentation
Patientenklassifikationssystem
Patientenzustand
PCS-Anwendungen
Pflegeaufwand
... Studienvorschlag
Planung
Produktedefinition
Prozessqualität
Psychiatrie

Qualitätssicherung

Rehabilitation:
... und DRG
... Rehabilitationspflege
Risiken, spezielle
RUG-III

Schweregrad der Erkrankung
Sekundäre Probleme, gesundheitlich/sozial
Spitalplanung
Spitaltypen
Stabilität im Zeitverlauf
Streuung

Tarifierung
Trimpoints

Varianzreduktion
... statistisch betrachtet
Variationskoeffizient
... statistisch betrachtet
Vergleiche, internationale
Verlegungen

Zustand und Aktion
Zustandsbezogene Codierungssysteme


[ Kurzbeschreibung | Ankündigung im "Streiflicht" ]

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Fundstelle = http://fischer-zim.ch/studien/PCS-Fragen-9710-Volltext.htm
( Letztmals generiert: 11.06.2020 )